»Abschiebären« müssen zahlen

Amtsgericht verurteilte ehemalige Rädelsführer der verbotenen Nazigruppe »Besseres Hannover« zu Geldstrafen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit Bananen lockt ein Nazi im Bärenkostüm einen Gorilla hinter sich her. Auch im Affenfell steckt ein Aktivist der rechtsextremen Clique »Besseres Hannover«. Er folgt dem Gesinnungsgenossen bis zu dessen Auto, wird in den Kofferraum verfrachtet und in den nahen Wald gekarrt. Dort packt der »Abschiebär«, so ist auf der Verkleidung zu lesen, den »Schwarzen« und »schiebt ihn ab«, stößt ihn hinter ein Ortsschild mit der Aufschrift »Ausland«.

Der Videoclip, der dies Geschehen zeigt, ist Volksverhetzung. Das hatte das Landgericht Hannover bereits 2015 festgestellt und die beiden Männer, die den Streifen ins Internet gestellt hatten, zu sieben Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt - auch wegen Aufrufs zu Gewalt gegen Ausländer.

Doch das Urteil wurde nicht rechtskräftig, kam vor den Bundesgerichtshof, und der befand: Volksverhetzung: ja - Aufruf zu Gewalt: nein. Und so verwies die höchste Instanz die Sache zurück nach Hannover, nun vors Amtsgericht. Wegen Volksverhetzung verurteilte es einen der Männer zu 3600 Euro Geldstrafe, sein Kumpan muss 4050 Euro zahlen. Dieser Betrag enthält auch eine Strafe aus einem anderen Verfahren wegen Körperverletzung

Die Verurteilten galten als führende Köpfe der Gruppe »Besseres Hannover«. Hinter diesem Namen verbarg sich eine der übelsten braunen Rotten im Norden, der Verfassungsschutz sprach von »der aktivsten neonazistischen Gruppierung in Niedersachsen«. Auf ihre Fahnen hatte sie sich vor allem die Hetze gegen Menschen mit Migrationshintergrund geschrieben. Sichtbar machte das die Gruppe durch Aufkleber und Spruchbänder mit ausländerfeindlichen Parolen.

Weit über Niedersachsen hinaus machte sich »Besseres Hannover« im Internet mit dem »Abschiebären« bekannt. In Videoclips belästigte der Nazi im Zottelkostüm dunkelhäutige Passanten, vor einem türkischen Imbiss grüßte er dessen Personal mit erhobenem rechten Arm, dem Hitlergruß. Wegen »Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen« leitete die Staatsanwaltschaft daraufhin ein Ermittlungsverfahren ein.

Hetze gegen Migranten prägte auch die von den »Besseren« herausgegebene Zeitschrift »Bock«, deren Autoren sich mit ihrem Schmierakel besonders an jugendliche Leserinnen und Leser wandten. In einem jener Pamphlete, von Mitläufern der Gruppe gern vor Schulen verteilt, fand sich sogar ein Bastelbogen: für den »Abschiebären« als Handpuppe.

Doch bei derlei »Ideen«, die Ältere vielleicht an die »kindgerechten« antisemitischen Bildgeschichten des NS-Hetzblatts »Stürmer« erinnern, blieb es nicht bei den braunen Hannoveranern: Sie verschickten massive Drohungen an Andersdenkende. So etwa an Niedersachsens damalige Sozialministerin Aygül Özkan (CDU). »Für die Durchsetzung unserer politischen Ziele und für die Bewahrung unserer Kultur werden wir eine neue Waffe einsetzen«, musste die Unionsfrau, sie ist türkischer Abstammung, in einem Schrieb der Nazigruppe lesen.

Diese beschränkte ihre Hetzerei keineswegs auf Niedersachsen, wurde unter anderem auch in Mecklenburg-Vorpommern aktiv. Vor dem Schweriner Schloss ließ sie den Abschiebären im Juni 2012 zusammen mit der NPD-Landtagsfraktion auftreten. Drei Monate später verbot Niedersachsens damaliger Innenminister Uwe Schünemann (CDU) »Besseres Hannover« wegen »Bildung einer kriminellen Vereinigung«. Als deren »prägendes Vereinskennzeichen« wurde zugleich das öffentliche Zeigen des »Abschiebären« untersagt. In seiner Entscheidung hat das Amtsgericht nun bestätigt, dass die Präsentation dieses Popanzes als Volksverhetzung rechtswidrig ist. Gegen diejenigen, die den Bären ins Netz stellten, sei bewusst keine Freiheitsstrafe ausgesprochen worden, so der Richter sinngemäß. Denn eine solche hätte womöglich die Verurteilten in der rechten Szene zu »Märtyrern« stilisiert.

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