Die Energiewende ist nicht aufzuhalten - mit oder ohne Trump
Claudia Kemfert ist sich sicher, dass der US-Ausstieg aus dem Klimaabkommen das fossile Zeitalter nicht aufrecht erhalten wird
Der Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen war abzusehen. US-Präsident Donald Trump steht wie kein anderer vor ihm für die Energiewelt der Vergangenheit. Er tobt wie eine Abrissbirne durch das mühsam errichtete Bauwerk des globalen Klimaschutzes.
Derzeit sitzen in den USA die Vertreter fossiler Imperien an den Schalthebeln der Macht. Der Energieminister leugnet den Klimawandel und der Außenminister war zuvor Leiter eines Ölkonzerns. Viele US-amerikanische Unternehmen, die fossile Energie nutzen, mussten oder müssen Insolvenz anmelden. In den letzten Jahrzehnten sind Zehntausende Jobs allein im Kohlesektor weggefallen.
Trumps Ziel ist die Energiepolitik von gestern. Wenn er die Kohlewirtschaft am Leben erhalten will, muss er hohe Subventionen in die veralteten Industrien steckt. Das wird sehr teuer, denn dies sind verlorene Investitionen. Das Fatale daran: Trumps Politik wird nicht nur die USA im Wettbewerb um klimaschonende Technologien um Jahre zurückwerfen. Das krampfhafte Festhalten an Kohle und Atom wird die auch in den USA unvermeidliche Energiewende teurer machen. Die Maßnahmen der US-Administration werden das Klima weltweit nachhaltig schädigen und damit auch für alle anderen Länder schmerzliche Folgen haben.
Prof. Dr. Claudia Kemfert ist Leiterin der Energie-Abteilung am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
Der eigentliche Verlierer ist jedoch das globale Klima. Die Folge von Trumps Politik sind sich häufende Klimaextreme, wodurch die Zahl der Flüchtlinge steigen wird. Ein ungebremster Klimawandel wird zudem volkswirtschaftliche Schäden nach sich ziehen. Trumps Entscheidung ist auch in dieser Hinsicht ein wirtschaftliches Desaster.
Der Wettlauf um die beste Umsetzung der Energiewende hat weltweit bereits begonnen. Kohletechnologie und Atomtechnologie sind gleichermaßen Techniken der Vergangenheit. Kohlekraftwerke produzieren erhebliche Schäden für die Wirtschaft, für Innovationen und durch Altlasten. Auch die angeblich so klimafreundliche Atomenergie verursacht Kosten, und zwar in erheblichem Ausmaß. Nicht nur Bau und Rückbau der Anlagen sind marktwirtschaftlich nicht finanzierbar, sondern vor allem die Lagerung und Beseitigung des höchst gefährlichen Atommülls. Mal ganz abgesehen davon, dass es auch in den USA kein Atommüll-Endlager gibt.
Die künftige Energiewelt, wie sie sich schon heute an allen Ecken der Welt zeigt, ist kleinteilig und dezentral. Sie basiert auf einer klugen Vernetzung volatiler erneuerbarer Energien, flexibler Speicher und intelligenter Energiespar-Technologien. Die Techniken der alten Energiewelt passen dazu nicht, da sie auf zentralen und inflexiblen Strukturen basieren. Eines ist klar: Kohle- und Atomkraftwerke sind den Anforderungen an die Flexibilität des Stromsystems nicht gewachsen.
Und auch wirtschaftlich steckt die neue Energiewelt voller Chancen. Kalifornien macht es vor: Es baut die weltweit besten Elektroautos, stellt Batteriespeicher vor und will künftig auch noch Solarziegel für das Hausdach anbieten. So geht Energiewende demokratisch, zukunftsorientiert und ökonomisch effizient.
Die Trump-Jahre sind eine schlechte Zeit für den internationalen Klimaschutz. Alle Länder, die sich für eine nachhaltige Zukunft eintreten, werden enger zusammenrücken müssen. Europa und auch Deutschland müssen die Lücke füllen, die Führerschaft übernehmen und neue Allianzen schmieden.
Dennoch: Das Ende des fossilen Zeitalters wird kommen, ob mit oder ohne die USA. Die Energiewende ist nicht aufzuhalten, erneuerbare Energien werden immer billiger, Atom- und Kohlekraft ist teuer. Die Frage ist nicht, ob wir Trump brauchen. Die Frage ist, wie schnell es gelingt, die globalen CO2-Emissionen zu mindern und auf Erneuerbare Energien umzustellen. Diesen Wettbewerb werden die USA so sicher nicht mehr gewinnen. Diejenigen, die nicht mit der Zeit gehen, gehen mit der Zeit.
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