Bremens SPD gibt den Gartenschreck

Die Bauland-Frage sorgt für Spannungen bei Rot-Grün

  • Alice Bachmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Wieder einmal nimmt die Bremer SPD-Fraktion sehr deutlich eine Gegenposition zum grünen Koalitionspartner ein - und betont gleichzeitig, es ginge nicht ums Ärgern, sondern um die konstruktive Entwicklung sinnvoller Zukunftspläne für Bremen. Doch mit ihren jüngsten Überlegungen, die Umwidmung von Kleingartengebieten zu Bauland zu erleichtern, haben die hansestädtischen Sozialdemokraten wissentlich ein Thema gesetzt, das für die Grünen ein rotes Tuch ist. Dennoch zeigt sich SPD-Fraktionssprecher Matthias Koch gegenüber dem »nd« zuversichtlich, dass in dieser Frage ein Kompromiss mit dem Koalitionspartner zu erreichen sei.

Bei der SPD weiß man sehr wohl, dass es sich beim Schutz von Kleingärten nicht nur schlechthin um ein grünes Kernthema handelt, sondern um ein scheinbar ehernes Gesetz für die Partei - selbst für den pragmatischen grünen Umwelt- und Bausenator Joachim Lohse. Doch SPD-Fraktionssprecher Koch äußert seine Überzeugung, die Grünen wüssten in ihrem tiefsten Inneren genau, dass die Masse an dringend benötigtem Bauland in Bremen nicht durch eine reine Innenstadtentwicklung bereitzustellen sei.

Auch die Bremer SPD hat jetzt erkannt, was die Statistiken schon lange andeuten: Immer mehr junge, gut verdienende Paare mit Kindern verlassen die Stadt - und das bei massivem Armutszuzug. Angesichts dieser brisanten Entwicklung die Kleingärten, von denen es in Bremen etwa 20 000 gibt, ins Spiel zu bringen, ist allerdings nicht ganz neu. Bereits vor Jahren waren sie ins Visier des Wirtschaftssenators geraten, weil der mehr Gewerbeflächen ausweisen und verhökern wollte.

Auf die Frage, ob sich die SPD-Fraktion das Verprellen des Koalitionspartners leisten könne, da die rot-grüne Regierung doch nur noch eine Ein-Stimmen-Mehrheit im Bremer Landtag habe, gibt es keine Antwort. Stattdessen erklärt Fraktionssprecher Koch, es ginge nicht nur um Einfamilienhäuser auf Parzellenland, sondern auch um Hilfe für Vereine, in denen viele Gärten verwaist seien. Die Vereine müssten diese Flächen pflegen und die Kosten für diese Gärten tragen.

Die Kleingartenvereine allerdings erklären öffentlich, es seien zwar harte Zeiten für sie, aber sie fühlten sich dem Auftrag der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit und ihrer gesamtgesellschaftlichen Aufgaben, wie etwa dem Fördern des Zusammenhalts, verpflichtet.

Das Argument der Umwidmungs-Befürworter, durch das Herauslösen einiger Flächen aus Parzellengebieten werde es auch weniger Verwahrlosung geben, lassen die Verteidiger der Kleingartenflächen nicht gelten. Sie kontern vielmehr mit dem Verweis auf die Unfähigkeit der Bremer Politik, die Ruinen der Kaisen-Häuser zu beseitigen, wie Koch erzählt.

Als Kaisen-Häuser bezeichnet man in den Parzellengebieten Bremens nach dem Zweiten Weltkrieg gebaute Notwohnungen. Der Name geht auf den damaligen Bürgermeister, Wilhelm Kaisen, zurück, der die Bebauung der Parzellen erlaubte und den Erbauern und allen Nachkommen, die dort geboren werden, ein Wohnrecht auf Lebenszeit garantierte. In manchen Gebieten mit nun halb verfallenen Kaisen-Häusern ist inzwischen jedoch eine Art rechtsfreier Raum und Rückzugsgebiet für Kriminelle entstanden.

Das Thema der Kaisen-Häuser müsse geklärt werden, so Koch, aber es sei nicht relevant für die größeren Pläne der Baulandgewinnung in Bremen.

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