Radikal in Ost und West
Auch in etlichen westdeutschen AfD-Landesverbänden geben längst völkische Nationalisten den Ton ab
Wer sind die größten Scharfmacher in der AfD? Bei dieser Frage dürften den meisten Namen wie Björn Höcke, André Poggenburg und Alexander Gauland in den Sinn kommen. Was die drei Genannten eint? Sie alle sind nicht nur in den Ostverbänden der Rechtsaußenpartei organisiert, sondern gelten als sichere Garanten für gezielte Provokationen. Weil Vertreter wie Höcke oft die Schlagzeilen dominieren, entstand in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass die AfD im Osten radikaler auftrete als ihre Vertreter der Westverbände.
Doch die Frage, ob es in der Partei auch einflussreiche vergleichsweise gemäßigte Funktionäre gibt, ist genau genommen falsch. Die Konflikte innerhalb der AfD erstrecken sich weniger entlang ideologischer Auseinandersetzungen als vielmehr an erbitterten Kämpfen um Machtansprüche und die richtige Strategie.
Personalien wie Petr Bystron verkörpern die komplizierten Verhältnisse in der AfD. Der bayerische Landeschef galt lange als Unterstützer der Bundesvorsitzenden Frauke Petry. Nicht erst seit dem gescheiterten »Zukunftsantrag« auf dem Kölner Parteitag haftet ihr der Ruf an, Scharfmacher wie Höcke auch ideologisch bekämpfen zu wollen. Immerhin wollte Petry mit ihrer Initiative eine formale Distanzierung ihrer Partei von Rassismus und Antisemitismus erreichen, um sich mittelfristig als regierungsfähig zu empfehlen. Dabei nimmt sie es mit einer zurückhaltenden Wortwahl selbst nicht so genau. Als Petry Anfang 2016 über den Schusswaffengebrauch gegen Geflüchtete an der Grenze redete, war es auch Bystron, der seiner Vorsitzenden beisprang.
Selbiger bayerischer Landeschef erklärte kurz darauf gegenüber der »Welt«, bei der AfD handele es sich um eine Partei der »bürgerlichen Mitte«, die »sauber angezogen« sei. Wie relativ solche Äußerungen zu bewerten sind, zeigte sich nur ein Jahr später: Im April 2017 wurde bekannt, dass der bayerische Verfassungsschutz Bystron wegen seiner Sympathien zur völkisch-nationalistischen Identitären Bewegung überwacht. Eine Gruppierung, zu der Petry genau aus diesem Grund jeglichen Kontakt ablehnt. Eine staatliche Observation, auch von Teilen der Partei, reicht aus, um auch die letzten Überreste der lange gepflegten bürgerlichen Fassade einzureißen.
Einer derjenigen, der maßgeblich half, dieses Trugbild aufrechtzuerhalten, ist Ko-Bundeschef Jörg Meuthen. Weil der Ökonom als Überbleibsel der alten Lucke-AfD gilt, erweckten seine (neo)liberalen Wirtschaftspositionen den falschen Eindruck, er könne auf anderen Politikfeldern die Partei mäßigen. Doch als Gegenspieler zu Petry bewies er Anpassungsfähigkeit und paktiert offen mit Gauland wie mit Höcke. Letzteren nahm er mehr als einmal gegen Petrys Attacken in Schutz. Endgültig Risse bekam Meuthens biedermeierhafte Fassade durch sein Agieren in der Causa Wolfgang Gedeon. Dessen antisemitische Äußerungen führten vergangenes Jahr zur zwischenzeitlichen Spaltung der AfD-Fraktion im Stuttgarter Landtag, der Meuthen vorsteht. Doch um der Macht Willen holte der Parteichef die Gedeon-Unterstützer zurück in eine geeinte Fraktion. Gedeon ist zwar längst fraktionslos, blieb aber Parteimitglied.
Selbiges gilt auch für Josef Dörr. Weil dem Chef der Saar-AfD Kontakte zu rechtsradikalen Gruppen nachgesagt werden, wollte der Bundesvorstand auf Mitbetreiben Petrys hin den Landesverband vergangenes Jahr sogar auflösen. Letztlich misslang das Vorhaben auch, weil Höcke und Gauland intervenierten. Die Seilschaften in der AfD funktionieren - egal ob im Osten oder Westen.
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