Werbung

Erbärmliche Justiz

Wolfgang Hübner über den Umgang mit einer couragierten Antifaschistin

Irmela Mensah-Schramm ist Ärger gewöhnt. Die Berlinerin, die seit Jahrzehnten Nazischmierereien in der ganzen Bundesrepublik entfernt oder übermalt, wird von Rechtsextremisten angefeindet, von Wachleuten attackiert, von Bürokraten juristisch verfolgt. Und wenn schon mal eine juristische Instanz zu ihren Gunsten entscheidet, wie jetzt die Görlitzer Staatsanwaltschaft, dann mit einer Begründung, die in ihrer grotesken Banalität zum Himmel schreit. Der Stromkasten, auf dem die 71-Jährige Naziparolen übersprüht hatte, sei schon so bunt bemalt gewesen, dass von Sachbeschädigung keine Rede mehr sein könne. Erbärmlicher kann sich eine Behörde nicht um eine Haltung drücken. Denn die Entscheidung heißt mit anderen Worten: Hätten sich die Nazis für ihre Schmierereien einen weißen Kasten ausgesucht und Mensah-Schramm hätte den Nazidreck darauf übersprüht, wäre sie verurteilt worden.

Was läuft eigentlich schief in einem Land, in dem diese Frau einerseits für ihren Einsatz mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wird, andererseits wegen dieses Einsatzes immer wieder Gegenstand von Ermittlungen wird? Vielleicht sollten Polizisten, Staatsanwälte und Richter mal einen Workshop bei Mensah-Schramm besuchen. Thema: Erkennen und Bewerten von Nazipropaganda.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.