Nur so viel wie nötig

67 Staaten unterschreiben Übereinkunft gegen Steuervermeidung

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble war es wieder eine Gelegenheit, sich als unerbittlicher Kämpfer gegen Steuerhinterziehung und -vermeidung darzustellen: »Wir sichern mit dem Vertrag das Steueraufkommen unserer Staaten und sorgen für eine gerechte Verteilung steuerlicher Lasten«, sagte der CDU-Mann am Mittwochabend bei der Unterzeichnung eines Übereinkommen gegen aggressive Steuergestaltungen von über 60 Staaten in Paris. Das Abkommen fügt sich nahtlos in die umfangreichen Maßnahmen der Bundesregierung gegen Steuervermeidung und -gestaltung ein.

Das Übereinkommen erfasst etwa 1100 Abkommen. Unterzeichnen weitere Länder, könnten damit über 3000 Abkommen zur Doppelbesteuerung unter einen Hut gebracht werden. Diese regeln, dass man für ein und dasselbe Einkommen in verschiedenen Ländern nicht doppelt besteuert wird. Das Problem dabei: Häufig nutzen vor allem internationale Konzerne Schlupflöcher, um größtenteils oder gänzlich Steuern zu vermeiden. So wird davon ausgegangen, dass den Mitgliedsstaaten der Industriestaatenorganisation OECD jährlich bis zu 240 Milliarden US-Dollar an Steuergeldern durch solche Vermeidungsstrategien verloren gehen.

Deswegen nun die Übereinkunft der 67 Staaten. Sie soll helfen, Schlupflöcher zu stopfen und ist Teil des bereits 2015 verabschiedeten BEPS-Aktionsplans der Industriestaatenorganisation OECD sowie der G20. Jedoch haben die Übereinkunft nicht alle Länder unterzeichnet. Es fehlen vor allem die Vereinigten Staaten. »Die USA haben gute Steuerabkommen. Es gibt kein Schlupfloch, wenn die USA dies nicht unterschreiben«, verteidigte OECD-Steuerdirektor Pascal Saint-Amans diesen Schritt.

Unter Steuerexperten ruft das Übereinkommen gemischte Reaktionen hervor. Die Übereinkunft werde einige Formen des Missbrauchs von Doppelbesteuerungsabkommen beenden und Steuerschlupflöcher schließen, heißt es in Nichtregierungskreisen. Auch würden Entwicklungsländer profitieren, weil die Steuererhebung an ihren Quellen gestärkt würde.

Andererseits sprechen auch Argumente gegen die neue Übereinkunft: So sei der BEPS-Prozess ein Versuch, globale Besteuerungsnormen zu setzen, bei denen nur G20- und OECD-Mitglieder mitgestalten dürfen, sagen Steuerexperten. Entwicklungsländer hätten da in einigen Bereichen immer noch das Nachsehen. Gleichzeitig sei es nicht realistisch, dass die UN das Management bei der Implementierung der BEPS-Vorgaben übernehme. Durch die Unterzeichnung und Ratifizierung werde die OECD in ihrer Rolle als de facto globale Steuerbehörde gestärkt. Dies würde einer kleinen Gruppe reicher Länder noch mehr Macht geben und globale Steuerreformen verhindern, die die Entwicklungsländer wirklich bräuchten, um ihre Steuerbasis zu stärken.

Zudem werden die OECD-Vorgaben auch in Europa nur soweit absolut notwendig umgesetzt. Ein Beispiel ist das Country-by-Country-Reporting. Mit ihm sollen multinationale Konzerne verpflichtet werden, offenzulegen, wo sie wie viele Gewinne machen und Steuern zahlen. So vermeldete Schäuble im Juli vergangenen Jahres stolz, dass das Kabinett ein solches Reporting beschlossen habe, damit die Steuerverwaltungen in der EU gestärkt würden.

Es gab jedoch Akteure in Europa die weiter als Schäuble gehen wollten. Er plante, die Daten, die durch diese Berichte zu Tage gefördert werden, nur den Behörden zugänglich zu machen. Anders die EU-Kommission in Brüssel: Sie wollte Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro verpflichten, auf ihren Webseiten offenzulegen, in welchen Ländern sie wie viele Steuern zahlen. Doch dagegen intervenierte unter anderem Schäuble.

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