Rechte UKIP versinkt in der Bedeutungslosigkeit
Rechtspopulisten erreichen landesweit nur zwei Prozent / Parteichef Nuttall tritt zurück / Farage denkt über Rückkehr nach
Sämtliche politischen Kommentatoren sind sich einig. Premierministerin Theresa May hat sich mit dem Ausrufen von Neuwahlen verzockt. Seit Freitagmorgen ist klar: Die absolute Mehrheit für die Tories ist dahin. Doch nicht nur die Konservativen sind Opfer ihrer eigenen Strategie geworden. Am rechten Rand des britischen Parteienspektrums gab es in den letzten 24 Stunden ebenfalls einen lauten Knall: Mit landesweit gerade einmal zwei Prozent versinkt die EU-feindliche UKIP-Partei praktisch in der Bedeutungslosigkeit. Parteichef Paul Nuttall zog daher auch am Freitag gleich die Konsequenz und trat als Vorsitzender der Rechtspopulisten zurück. In seinem Wahlkreis Boston und Skegness kam der 40-Jährige nicht über den dritten Platz hinaus.
UKIP wird in das nun neugewählte Unterhaus keinen einzigen Abgeordneten entsenden. Eine bedeutende Rolle spielten die Rechten dort bisher allerdings auch nur indirekt. Nach der Wahl im Jahr 2015 stellte die Partei mit Douglas Carswell lediglich einen Abgeordneten. Grund dafür ist das britische Wahlrecht: Ins Parlament zieht demnach nur jener Kandidat ein, der in seinem Wahlkreis die meisten Stimmen holt. Das Prinzip »The winner takes it all« ist dann auch einer der wesentlichen Gründe, warum UKIP vor zwei Jahren von seinem landesweiten Ergebnis von 12,6 Prozent kaum profitierte.
Der wachsende Erfolg der Anti-Europa-Partei sowie der größer werdende Druck der Torie-Rechten waren damals auch die wesentlichen Gründe, warum sich Premierminister David Cameron entschloss, die Briten vor die Brexit-Entscheidung zu stellen. Es folgten Monate, in denen sich UKIP und ihr damaliger Vorsitzender Nigel Farage an die Spitze der Anti-EU-Bewegung stellten und mit größtenteils fragwürdigen Behauptungen gegen Brüssel trommelten. Wie die Geschichte ausging, ist bekannt: Die Briten votierten für den Brexit.
Doch damit stand UKIP mit einem Mal vor einem Problem. Die Partei hatte ihr großes Hauptziel erreicht, es gab plötzlich keinen gewichtigen Grund mehr, die Rechtspopulisten zu unterstützen. Ähnlich hatte dann auch Farage seinen überraschenden Rücktritt als UKIP-Chef begründet: Er habe sein Ziel erreicht, die Briten aus der EU zu führen.
Mit diesem Paukenschlag erschütterte Farage seine Partei, die in der öffentlichen Wahrnehmung bis dahin völlig auf ihn zugeschnitten war. UKIP stürzte ins Chaos. Seine Nachfolgerin Diane James hielt sich nur ganze 18 Tage an der Parteispitze, ehe sie sich mit der Begründung verabschiedete, nicht genügend Rückhalt durch die Abgeordneten und Funktionäre der Partei zu genießen. Auf James folgte der nun ebenso glücklos agierende Nuttall.
Endgültig das Geknick brach UKIP die Strategie der Tories. Im Wahlkampf besetzten die Konservativen sämtliche Themen der Rechtspopulisten: May brachte nicht nur den »harten Bexit« ins Spiel, sondern setzte zudem auf eine verschärfte Einwanderungs- und Asylpolitik. Umgekehrt heißt das natürlich auch, dass UKIPs Ziele zur offiziellen Regierungslinie der Tories wurden. Indirekt ließe sich dies auch als verspäteter Sieg für Farage betrachten.
Letzterer hat mit der Politik noch nicht abgeschlossen: Gegenüber BBC News deutete er eine mögliche Rückkehr an, sollte die künftige britische Regierung das Wahlergebnis zum Anlass nehmen, den harten Brexit zu verwässern. Dann habe er keine andere Wahl, drohte Farage.
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