Die Kronprinzen greifen an

Spandaus Wasserballer kämpfen gegen Hannover um den Meistertitel, den Gegner betrachten viele mit Argwohn

  • Klaus Weise
  • Lesedauer: 4 Min.

An diesem Sonntag könnte der 96. Deutsche Wasserballmeister der Männer feststehen. Dann nämlich, wenn die Wasserfreunde Spandau 04 die Spiele zwei und drei der Best of Five-Finalserie im eigenen Becken gewinnen - und damit drei Siege auf dem Konto hätten.

Den Auftakt vor Wochenfrist hat der Rekordmeister aus der Hauptstadt mit 35 Titeln seit 1979 beim Herausforderer Waspo 98 Hannover souverän mit 11:5 für sich entschieden und damit alle Trümpfe in der Hand. Zuvor waren die Chancen im deutschen Prestigeduell mit 50:50 bewertet worden - wobei man den Niedersachsen sogar eine leichte Favoritenrolle zubilligte. Immerhin hatten sie in der laufenden Saison bereits den Pokal geholt, im Halbfinale Spandau mit 9:4 demontiert und auch in der Ligahauptrunde in Berlin 13:11 gesiegt. Das Rückspiel in Hannover allerdings ging 9:11 verloren.

Waspo ist eines der drei Teams, das die seit 1979 währende Spandauer Titeldominanz immerhin ein Mal unterbrechen konnte. Das allerdings liegt lange zurück. 1993 holte man sich den Pokal, nachdem die Wasserfreunde Spandau im Halbfinale ausgeschaltet wurden. Karsten Seehafer, damals Spieler, ist heute Coach der Mannschaft, Bernd Seidensticker, jetzt Präsident des Vereins, war damals Trainer.

Insgesamt sechs Mal standen die Hannoveraner, die ihr Hoch um die Jahrtausendwende hatten, im Meisterschaftsfinale, fünf Mal verloren sie gegen Spandau. Ab 2003 avancierte der ASC Duisburg zum Dauerfinalgegner der Spandauer. 2013 schaffte ASCD sogar das Kunststück des Double-Sieges.

Nach langem Verschwinden im Mittelmaß versucht Hannover nun seit zwei, drei Jahren, zumindest wieder die Rolle des Kronprinzen zu übernehmen. Doch damit will man sich nun nicht mehr begnügen. Karsten Seehafer, Mitinhaber eines Metallbearbeitungsunternehmens mit 300 Beschäftigten und etwa 35 Millionen Euro Umsatz pro Jahr, folgt mit großem persönlichen finanziellen Einsatz dem Motto »Klotzen und nicht kleckern«. Auch Seidensticker, der ebenfalls als Selbstständiger eine eigene Firma betreibt, agiert ähnlich. Das hat es ermöglicht, ein internationales Staraufgebot mit Akteuren aus Montenegro, Serbien, Spanien, Slowakei, Ungarn und ein paar Deutschen zusammenzukaufen und international gezielt Imageaufbau zu betreiben.

Hannover hat für vier Jahre eine Wild Card für die Champions League-Hauptrunde erworben, was bisher als einzigem deutschem Verein Spandau vergönnt war. Und Hannover wird 2019 und 2021 sogar Final-Gastgeber des Königswettbewerbs und damit dafür automatisch qualifiziert sein. In der abgeschlossenen Saison hatte man sich erst über eine strapaziöse Qualifikation in die Hauptrunde mit zwei Sechsergruppen gemüht und war dort nach drei Remis in zehn Spielen ohne Sieg Letzter geworden. Immerhin hat es Waspo mit 9:4 im Halbfinale gegen Spandau zum nationalen Pokalsieger 2017 geschafft und könnte nun sogar mit der Meisterschaft das Double erreichen.

Die Konkurrenz hingegen sieht nicht ohne Argwohn auf das Treiben der Niedersachsen. Finanziell sind sie mit einem geschätzten Saisonetat von mehr als einer Million Euro der Krösus der Liga, was natürlich offiziell nicht bestätigt wird. Spandau 04 gibt für sich etwa die Hälfte an und reklamiert durch Vereinspräsident und Bundestrainer Hagen Stamm auch eine andere Philosophie. »Wir haben bewiesen, dass wir nachhaltig arbeiten und dass wir auch die Entwicklung des deutschen Wasserballs insgesamt und der Auswahl im Auge haben«, sagt Stamm, ohne direkt Bezug auf Waspo zu nehmen.

Aktuell kommt kein DSV-Nationalspieler mehr aus den Reihen der Niedersachsen, die auch in der U17-Bundesliga nicht vertreten sind, weil sie keine nennenswerte Nachwuchsarbeit betreiben. Neu vermeldet wurde gerade die Verpflichtung des ASCD-Kapitäns Julian Real, der aktuell als bester deutscher Wasserballer gilt und mit dem Wechsel die Auswahlabstinenz bei Waspo mit einem Feigenblatt versieht.

13 Jahre lang war Real Gesicht und Aushängeschild des ASC Duisburg. Die Lokalpresse im Ruhrpott bemerkt mit Blick auf Waspo: »So richtig kann man sich noch nicht vorstellen, wie Julian Real charakterlich in das zusammen gekaufte Weltensemble reinpassen wird.« Grund für dessen Wechsel sei »ein attraktiv geschnürtes Paket aus Sport und Job« gewesen. Seehafer übt sich in seinen Aussagen zu Finanzen des Vereins um Understatement. Von einem Millionenetat sei man »weit entfernt« und mit Spandau auf Augenhöhe.

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