Absolute Mehrheit für Macron in Frankreich
350 der 577 Sitze in der Nationalversammlung entfallen auf Lager des französischen Präsidenten
Update 7.00 Uhr: Absolute Mehrheit für Macron-Lager offiziell bestätigt
Paris. Das Lager des französischen Präsidenten Emmanuel Macron hat die die Parlamentswahl nach noch unvollständigen Ergebnissen klar gewonnen. Es kam nach Zahlen des Innenministeriums vom Montagmorgen aus dem Stand auf 350 der 577 Sitze in der Nationalversammlung. Die Schwelle für die absolute Mehrheit liegt bei 289 Sitzen. Die Wahlbeteiligung stürzte auf einen neuen historischen Tiefpunkt von knapp 43 Prozent.
Update 21.20: Bisher 17 gewählte Parlamentarier von France Incoumise und PCF
In Essonne südlich von Paris liefert sich Linksblock-Politikerin Farida Amrani offenbar ein Kopf an Kopf Rennen um wenige Stimmen mit dem ehemaligen Premierminister Manuel Valls. Sicher gewählt sind bisher 10 Abgeordnete für den Linksblock und 7 für die Parti Communiste (PCF). Damit könnte die beiden Parteien zusammen eine Fraktion bilden. Hochrechnungen von Ipsos France sehen La France Insoumise zusammen mit der Parti Communiste bei 28 Mandaten.
Update 20.50: Linksblock-Politiker Mélenchon sieht «kollektiven Wahlstreik»
Der Vorsitzende des französischen Linksblocks La France Insoumise hat in einem ersten Statement die historisch hohe Zahl an Nichtwählern als «offensives Zeichen» bezeichnet. Die französischen Wähler sind in einen kollektiven Wahlstreik getreten« erklärte Jean-Luc Mélenchon am Sonntagabend. Unter lauten »Resistance«-Rufen seiner Anhänger kündigte er Widerstand gegen die Politik von Emmanuel Macron an. Er wurde in seinem Wahlkreis in Marseille mit 60 Prozent der Stimmen gewählt.
Update 20.35: Marine Le Pen in Pas-de-Calais gewählt
Die Vorsitzende des Front National wurde in ihrem Wahlkreis Pas-de-Calais im Norden Frankreichs mit 58,75 Prozent der Stimmen ins Parlament gewählt. Der FN-Europaabgeordnete Louis Aliot wurde in Perpignan gewählt. Mit nur 853 Stimmen unterlag die FN-Europaparlamentarierin Sylvie Goddyn ihrem Gegner nur knapp. Im Elsass unterlag die FN-Europaabgeordnete Sophie Montel dem En Marche Kandidaten deutlich. Auch die Nummer zwei des Front National und der Architekt der Anti-Euro Strategie des FN, Florian Philippot wurde von En Marche geschlagen. Den vier FN-Abgeordneten im Europaparlament waren gute Chancen vorhergesagt worden.
Update 20.15: Erste Hochrechnung sieht absolute Mehrheit für Macron
Laut einer ersten Hochrechnung von BFM TV von Sonntagabend wird Macrons »En Marche« Bewegung 395 bis 425 Mandate im Parlament erhalten. Damit hat »En Marche« eine aktuelle Mehrheit. Die konservativen Republikaner werden demnach 97 bis 117 Abgeordnete im Parlament stellen, die Sozialisten nur noch 29 bis 34 Mandate erhalten. Der Linksblock könnte 14 bis 17 Mandate erhalten. Der Front National könnte die Anzahl seiner Abgeordneten mehr als verdoppeln auf 4 bis 6 Abgeordnete. Andere Parteien werden laut der Schätzung 8 bis 10 Mandate erhalten. Doch andere Umfrageinstitute wie Ipsos France schätzen, dass En Marche mit rund 360 Mandaten deutlich weniger Abgeordnete stellen könnte und dass La France Insoumise bis zu 19 Mandate erhalten könnte.
Frankreich ist auf dem Weg in die »Präsidialmonarchie«. So hat der Linksblock-Politiker Jean-Luc Mélenchon, bereits letzte Woche das sich abzeichnende Ergebnis der Parlamentswahlen in Frankreich bezeichnet. Aufgrund der erdrückenden Dominanz von Emannuel Macrons »En Marche« Bewegung haben sich am Sonntag nun noch weniger Franzosen auf den Weg an die Wahlurnen gemacht.
Bis 17 Uhr beteiligten sich nur 35,33 Prozent aller Wahlberechtigten. Im ersten Wahlgang waren es zu dieser Uhrzeit bereits 40,75 Prozent gewesen. Die Wahlbeteiligung lag im ersten Wahlgang bei historisch niedrigen 48,7 Prozent. In der französischen Linken wurde bereits nach dem ersten Wahlgang am 10. Juni die Krise des Parteiensystems der Fünften Republik in den Vordergrund gestellt (Lesen Sie hier mehr über den ersten Wahlgang).
1997 lag die Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang noch bei 67,9 Prozent, seitdem ist die Wahlbeteiligung – die bei Parlamentswahlen immer etwas niedriger ist, als bei Präsidentschaftswahlen – immer weiter gesunken. 2017 könnten laut einer Schätzung von Ipsos France die Nichtwähler erstmals die Mehrheit stellen – 57 Prozent könnte demzufolge ihr Anteil betragen.
Macrons »En Marche« hatte bei der ersten Runde der Parlamentswahlen letzten Sonntag 32,3 Prozent der Stimmen erhalten. Die konservativen Republikaner erhielten 21,56 Prozent aller Stimmen. Für den Linksblock La France Insoumise stimmten 13,7 Prozent. Die rechtsextreme Front National kam auf 13,2 Prozent, während nur 9,5 Prozent die französischen Sozialisten wählten.
Die französische Nationalversammlung ist das zentrale Gesetzgebungsorgan in Frankreich. Die 577 Abgeordneten werden nach dem Mehrheitswahlrecht für fünf Jahre bestimmt. Seit 2002 finden Wahlen zum Präsidentenamt und zur Nationalversammlung kurz hintereinander statt. Seitdem bekam jeder neue Staatschef auch eine Mehrheit in der Nationalversammlung. Doch dieses Mal könnten laut Umfragen bis zu 77 Prozent aller Mandate an Macrons »En Marche« gehen.
Der Grund ist das Mehrheitswahlrecht und die erdrückende Dominanz von »En Marche« gegenüber den 61 anderen registrierten Parteien. Die Partei Macrons hat landesweit die meisten der insgesamt 7877 Kandidaten im ersten Wahlgang aufgestellt, von denen viele in die Stichwahl kamen.
In nur 4 Wahlkreisen – bei der letzten Wahl 2002 waren es immerhin noch 36 – stand der Gewinner bereits im ersten Wahlgang am 10. Juni fest. In den allermeisten Wahlkreisen jedoch erhielt kein Kandidat mehr als 25 Prozent oder die Mehrheit der Stimmen, auch weil in einigen Wahlkreisen bis zu 27 Parteien gegeneinander antraten.
Macrons Bewegung wird auf Anhieb in der Nationalversammlung weit mehr als die absolute Mehrheit von 289 Sitzen erringen. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Odoxa vom 14. und 15. Juni könnte »En Marche« sogar 430 bis 460 Sitze erringen. Zweitstärkste Fraktion werden vermutlich die Republikaner mit 70 bis 75 Sitzen. Abstürzen werden die Sozialisten. Sie werden vermutlich mit nur noch 25 bis 35 Sitzen im Parlament vertreten sein. 2012 errangen sie noch 289 Mandate – eine knappe Mehrheit der Mandate von einem Abgeordneten.
Ob La France Insoumise auch eine eigene Fraktion – die gibt es für mindestens 15 Abgeordnete und damit mehr Rechte im Parlament – bekommt, ist laut der Umfrage fraglich. 8 bis 17 Mandate könnte der Linksblock demzufolge gewinnen. Darunter ist vermutlich die Wiederwahl von Jean-Luc Mélenchon in Marseille. Im Süden von Paris könnte Linksblock-Politikerin Farida Amrani ein Überaschungserfolg gelingen, wenn sie gegen den ehemaligen sozialistischen Premierminister Manuel Valls gewinnt.
Der rechtsextreme Front National kann laut der Odoxa-Umfrage auf 1 bis 6 Mandate hoffen. Relativ sicher ins Parlament gewählt wird vermutlich FN-Chefin Marine Le Pen in ihrem Wahlkreis Pas-de-Calais. Vier weitere Europaabgeordnete des Front National haben ebenfalls gute Chancen gewählt zu werden. Aktuell hat die Partei nur zwei Abgeordnete im französischen Parlament.
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