Bouffier lobt Geheimdienst
Hessens Ministerpräsident ohne eigenes Verschulden?
Im NSU-Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags stand am Montag Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) im Rampenlicht. Er hatte von 1999 bis 2010 das Wiesbadener Innenministerium geleitet und nach Ansicht vieler Kritiker die Polizei bei der Aufklärung des NSU-Mords an dem Kasseler Internetcafébetreiber Halit Yozgat im April 2006 behindert. Am Tatort anwesend war damals der hauptamtliche Verfassungsschutzmitarbeiter Andreas Temme, der sich bis heute in Widersprüche verstrickt.
Bouffier bekräftigte, dass er nach dem Mord als Minister zu einer »besonders sorgfältigen Abwägung« gezwungen gewesen sei. So habe bei einer von der Polizei gewünschten unmittelbaren Vernehmung von Verfassungsschutzmitarbeitern die Gefahr bestanden, dass es zu einer »Offenlegung von Quellen« und »Enttarnung« von Mitarbeitern kommen könne. Dies hätte jedoch die Ermittlungsarbeiten des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) zur »Abwehr islamistischen Terrors« beeinträchtigen und »weitreichende Folgen« für die Sicherheitsinteressen Hessens nach sich ziehen können. Daher habe er eine »Sperrerklärung« für die Verfassungsschutzmitarbeiter verfügt und sich für eine »mittelbare Befragung« durch Verfassungsschützer entschieden.
Damit wurde nach der Ansicht kritischer Beobachter und beteiligter Akteure die Ermittlung wesentlich behindert, zumal Verfassungsschutzbeamte in der Regel als vernehmungsunerfahren gelten. Zudem wurde der Fragenkatalog der Polizei nicht einmal gewissenhaft abgearbeitet. So fehlen der Polizei wichtige Informationen.
Auch im Zusammenhang mit der verzögerten Information des Parlaments nach dem Kasseler Mord gab Bouffier zu bedenken, dass aus seiner damaligen Abwägung heraus eine frühzeitige Unterrichtung die Ermittlungen durchaus hätte gefährden können. Bouffier äußerte sich auch zu dem Vorwurf, er sei Temme schon Jahre zuvor bei einem Grillfest eines CDU-Arbeitskreises im Landesverfassungsschutz begegnet und hätte seine schützende Hand über ihn gehalten. Ein Grillfest, ein CDU-Arbeitskreis oder eine Begegnung mit Temme seien ihm »nicht erinnerlich«, beteuerte Bouffier. Der Agent wurde ohne Kürzung seiner Bezüge in das Kasseler Regierungspräsidium versetzt und ist dort bis heute beschäftigt.
Die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus sei ihm stets ein besonderes Anliegen gewesen, meinte Bouffier, der dem LfV an dieser Front eine »vorbildliche Arbeit« bescheinigte. Hessens Polizei habe seit 1992 in der rechten Szene 390 Fälle von Waffen- und Sprengstoffbesitz ermittelt, gab hingegen die Abgeordnete Janine Wissler (LINKE) zu bedenken und erinnerte daran, dass selbst das LfV später Versäumnisse eingeräumt habe. »Bouffier hat rechten Terror verharmlost«, meinte Sarah Müller von der Initiative NSU-Watch Hessen. »Sein Auftritt zeigt, dass er wesentliche Berichte der vergangenen Jahre nicht kennt und das Landesamt Hinweisen auf einen Nationalen Untergrund zweifelsfrei nicht nachgegangen ist.« Die Zeugenvernehmung Bouffiers dauerte bei Redaktionsschluss an.
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