Selbst die Stehplätze werden knapp
Rhein-Main-Gebiet: Ärger mit dem Nahverkehr wächst
Regelmäßige Nutzer des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) spüren tagtäglich, dass die Verkehrskapazitäten im Rhein-Main-Gebiet längst an ihre Grenzen gestoßen sind. Überfüllte Züge und Busse gehören zum Alltag, selbst Stehplätze werden knapp. Vor allem der Bankenmetropole Frankfurt am Main mit ihrer hohen Einpendlerquote und ihrem anhaltenden Bevölkerungszuwachs droht der Verkehrsinfarkt.
Unter den Entscheidungsträgern in Kommunen und Landespolitik ist unstrittig, dass vor allem die Schienenwege im Ballungsgebiet weiter ausgebaut werden müssen. Dass sich viele S-und Regionalbahnen die Gleise mit dem Fern- und Güterverkehr teilen müssen, sorgt immer wieder für Verzögerungen und drückt die Pünktlichkeitsquote, die für die S-Bahnen derzeit bei rund 90 Prozent liegt. Dazu kommen Baustellen, die ahnen lassen, dass lange Zeit zu wenig Geld in den Erhalt der Infrastruktur geflossen ist.
Kürzlich verkündete Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne), dass bis 2030 eine Rekordsumme von zwölf Milliarden Euro für den Aus- und Neubau von Bahnstrecken in Hessen eingesetzt werde. Dazu gehören neue Trassen zwischen Frankfurt und Mannheim sowie von Hanau nach Würzburg und Fulda. Mit dem Bau eines neuen Verbindungsgleises östlich von Wiesbaden, der sogenannten »Wallauer Spange«, können neue Kapazitäten erschlossen und die Fahrzeit zwischen der Landeshauptstadt und dem Bahnknoten am Frankfurter Großflughafen halbiert werden. Das S-Bahn-Netz soll mit dem Ausbau der Strecke zwischen Frankfurt und Hanau, der S6 von Bad Vilbel nach Friedberg und einer neuen »Regionaltangente West« attraktiver und schneller werden.
Während sich Hessens schwarz-grüne Regierung mit solchen Ankündigungen schon als »Vorreiter der Verkehrswende in Deutschland« rühmt, sieht die oppositionelle Linksfraktion darin »kalten Kaffee mit viel Tamtam«. Die meisten dieser Maßnahmen stammten aus dem bereits rund 15 Jahre alten Maßnahmenpaket »Frankfurt Rhein-Main Plus« und seien vornehmlich Bundes- oder kommunale Projekte, sagte die Fraktionsvorsitzende Janine Wissler. »Es braucht mehr als den Bundesverkehrswegeplan vorzulesen«, spottet SPD-Landes- und Fraktionschef Thorsten Schäfer-Gümbel Er bemängelt, dass CDU-geführte Landesregierungen seit 1999 das Bahnnetz ignoriert hätten.
Unterdessen nimmt Wiesbaden, Hessens zweitgrößte Stadt, wieder einmal Anlauf zur Planung einer innerstädtischen Bahn, die Entspannung für das chronisch überlastete Busnetz bringen soll. Frühere Anläufe waren vor allem am Widerstand durch FDP und CDU gescheitert. Wiesbaden ist neben dem westfälischen Münster die größte deutsche Stadt ohne Straßenbahn bzw. Stadtbahn. Das neue Projekt »Citybahn« soll nun eine weitere Schienenverbindung zwischen den beiden benachbarten Landeshauptstädten Wiesbaden und Mainz bringen.
Ganz andere Probleme plagen den RMV derzeit in den ländlichen Regionen abseits des Frankfurter Ballungsraums. So droht aufgrund von Landflucht, Bevölkerungsschwund und sinkenden Schülerzahlen auch eine weitere Ausdünnung der Fahrpläne, weil der Betrieb großer Busse in verkehrsarmen Zeiten als »nicht rentabel« gilt. Um die Landbevölkerung nicht komplett von der Mobilität abzuhängen, sollen nach Vorstellungen des RMV nun zunehmend neue Konzepte wie Rufbusse, Taxi-Ersatzverkehr und digital vermittelte Mitnahmefahrten für Abhilfe sorgen.
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