Keine Mehrheit: Trumpcare erneut verschoben

US-Präsident kommt mit umstrittener Gesundheitsreform nicht voran / Starinvestor Buffett: Das ist ein »Gesetz zur Hilfe von Reichen«

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Das ist ein Rückschlag für US-Präsident Donald Trump - und eine vorläufig gute Nachricht für Millionen: Wegen Unstimmigkeiten in den Reihen der Republikaner ist die Abstimmung im Senat über das Gesetz zur Abschaffung der Gesundheitsreform von Barack Obama bis nach der Sitzungspause rund um den Unabhängigkeitstag am 4. Juli vertagt worden. In der Partei seien noch weitere Diskussionen nötig, sagte der Chef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell. Zuvor hatte sich in der Partei keine Mehrheit für das Gesetz abgezeichnet. Mindestens neun der 52 republikanischen Senatoren kündigten an, dass sie der Reform in der vorliegenden Form ihre Zustimmung verweigern würden.

Nach der McConnells Ankündigung kamen die republikanischen Senatoren mit Trump im Weißen Haus zusammen. »Wir müssen eine Krankenversicherung haben«, sagte der Präsident. »Und die kann nicht Obamacare sein«, fügte er hinzu. Die Gesundheitsreform seines Vorgängers, die als seine wichtigste innenpolitische Errungenschaft gilt, »schmelze zusammen«, sagte Trump.

Zugleich signalisierte der Präsident, keine Einigung um jeden Preis zu wollen. »Es wird großartig sein, wenn wir es hinkriegen«, sagte Trump. »Und wenn wir es nicht hinkriegen, werden wir das nicht mögen, und das ist okay«, fügte er hinzu.

Die umstrittene Abschaffung von »Obamacare« war eines der zentralen Wahlkampfversprechen Trumps. Die Unstimmigkeiten über den Entwurf legen nun die ideologischen Differenzen in den Reihen der Republikaner über die Ausrichtung des Gesundheitssystems offen. Während erzkonservativen Republikanern die Pläne nicht weit genug gehen, sorgen sich moderate Republikanern um die Auswirkungen für Millionen von US-Bürgern, denen der Verlust ihres Versicherungsschutzes droht.

In ihrem Streit über die Zukunft von »Obamacare« hatten die Republikaner am vergangenen Donnerstag einen neuen Anlauf zu einer Gesetzesänderung unternommen. Die Einschnitte in die allgemeine Gesundheitsversorgung gehen in dem Entwurf nicht ganz so weit wie in dem Plan, den das Repräsentantenhaus einige Wochen zuvor verabschiedet hatte. Allerdings sieht auch der neue Plan drastische Einschnitte vor, etwa bei Medicaid, der staatlichen Krankenversicherung für Arme.

Der Entwurf sieht Einsparungen im Bundeshaushalt in der Größenordnung von 321 Milliarden Dollar im Zeitraum 2017 bis 2026 vor. Der Rechnungshof des Kongresses (COB) kommt in seiner jüngsten Prognose zu dem Schluss, dass 22 Millionen Menschen durch das Reformvorhagen bis 2026 ihren Versicherungsschutz verlieren würden. Die Zahl der US-Bürger ohne Krankenversicherung würde demnach bis 2026 auf 49 Millionen steigen. Das sind 18 Prozent aller US-Bürger unter 65 Jahren.

Die Republikaner verfügen im Senat nur über eine dünne Mehrheit von 52 der 100 Mandate. In jedem Falle müsste der Reformplan, sollte er nach der Sitzungspause vom Senat verabschiedet werden, noch mit dem Entwurf des Repräsentantenhauses auf eine Linie gebracht werden.

Derweil hat Starinvestor Warren Buffett die Pläne der Republikaner zum Umbau des US-Gesundheitssystems als Steuergeschenk für Spitzenverdiener kritisiert. Der Entwurf könne auch als »Gesetz zur Hilfe von Reichen« betitelt werden, sagte der Börsen-Guru in einem Interview vom Dienstag dem US-Sender PBS. Er habe vermögende Freunde, die durch die geplante Reform der Krankenversicherung zehn Millionen Dollar und mehr an Abgaben an den Fiskus sparen würden, so Buffett. Bei ihm selbst würden die Steuern dadurch um 17 Prozent geringer ausfallen, sagte der 86-Jährige.

Der berühmte Großanleger, der nach Schätzungen des »Forbes«-Magazins mit einem Vermögen von rund 75 Milliarden Dollar derzeit der viertreichste Mensch der Welt ist, hatte die Pläne der Republikaner bereits im vergangenen Monat beim Aktionärstreffen seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway aufs Korn genommen. Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!