Seenotretter kritisieren Abschottung der G20-Staaten

Aktivisten entrollen auf Hamburger Elbbrücke Transparent mit Aufschrift »Baut Brücken, keine Mauern«

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

Seenotretter haben rund eine Woche vor dem G20-Gipfel in Hamburg im Freihafen der Stadt mit einer spektakulären Protestaktion eine Wende in der Migrationspolitik gefordert. »Wir haben das Gefühl, dass sich die Bundesregierung wie auch die anderen G20-Staaten von den weltweiten Rechtspopulisten durchs Dorf treiben lassen«, sagte Ruben Neugebauer, Pressesprecher von Sea Watch, gegenüber »nd«. »Auf dem Gipfel besteht so die Gefahr, dass nur weitere perfide Abschottungsmaßnahmen beschlossen werden«.

Aktivisten kletterten am frühen Mittwochmorgen auf die Brüstung einer Elbbrücke und entrollten ein Banner mit der Aufschrift »Build bridges, not walls« (Baut Brücken, keine Mauern). Einige der insgesamt mehr als 30 Unterstützer von Sea Watch, Jugend Rettet und Never mind the papers seilten sich von der Brücke ab. Andere unterstützten die Aktion von einem Boot aus. Dort wurde ein weiteres Banner entrollt: »Über 14.000 Tote an Europas tödlicher Außengrenze! G20: Sie entscheiden – die anderen sterben«.

»Einige der G20 sind in Fluchtursachen direkt involviert«, sagte Neugebauer zur Kritik an den in der Hansestaat vertretenen Staaten. »Ein paar der Länder spielen beispielsweise eine wichtige Rolle, wenn es um die Ausbeutung auf dem afrikanischen Kontinent geht«. »Landgrabbing« seitens China oder der Europäischen Union stelle ein wachsendes Problem dar.

Kurzfristig fordern die Nichtregierungsorganisationen laut Neugebauer ein offizielles Seenotrettungsprogramm für das Mittelmeer. »Als erster Schritt würde uns das Zeit verschaffen, grundsätzlich braucht es aber legale Fluchtwege nach Europa.«

Die Sea Watch arbeitet wie auch die anderen NGOs im Mittelmeer seit Tagen an ihren Grenzen. »Unsere Crew musste bei der letzten Fahrt das Schiff mit 500 Personen überladen, sonst wären die Menschen ertrunken.« Hilfe der Militär-Schiffe der EU habe es dabei keine gegeben. »Es gibt dort kein einziges Schiff, was nur für die See-Notrettung zuständig ist.«

Neugebauer kritisierte im Gespräch, dass für das G20-Treffen in Hamburg offensichtlich große Summen für den Schutz der Mächtigen ausgegeben werden, während man die Flüchtlinge im Mittelmeer sich selbst überlässt. Er hoffe, dass die Botschaft der Protestaktion die Staatsführer erreiche. Die Zeit werde knapp: »Auch während des Gipfels werden Menschen im Mittelmeer ertrinken.«

Die Wasserschutzpolizei war mit vier Booten im Einsatz, um die Aktivisten zu beobachten. »Wir greifen nicht ein, denn der Verkehr auf der Brücke und auf dem Wasser wird nicht eingeschränkt«, sagte ein Polizeisprecher. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind alleine dieses Jahr bisher über 1300 Menschen im Mittelmeer ums Leben gekommen.

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