G20-Protest: Polizei räumt Kreuzung mit Wasserwerfer frei
Schauspielhaus gewährt Bleibe für eine Nacht / Beamte beschlagnahmen Zelte im Altonaer Gählerpark / »Ausbruch aus dem Freiluftgefängnis Entenwerder«
Update 0.30 Uhr: Und Schluss!
Was für ein Tag in Hamburg. Wir beenden an dieser Stelle für heute Nacht unsere NoG20-Liveberichterstattung. Kommt gut durch die Nacht!
Update 23.32 Uhr: Polizei setzt Wasserwerfer ein
Bei der Blockade am Neuen Pferdemarkt/Stresemannstraße hat die Polizei mindestens einen Wasserwerfer eingesetzt. Mehrere Tausend Personen sollen sich laut sozialen Netzwerken noch auf dem Platz befinden. Auch anwesende Journalisten wurden von dem Wasser getroffen. Die Aktivisten werden offenbar langsam von der Straße in Richtung des autonomen Zentrums »Rote Flora« abgedrängt. Die Stimmung wird immer aufgeheizter. Die Demonstranten rufen: »Ganz Hamburg hasst die Polizei.«
Update 23.25 Uhr: Schauspielhaus gewährt Bleibe für eine Nacht
Zunächst gab es ein Gerücht, dann ein Dementi und nun stimmt es doch: Wie unter anderem das globalisierungskritische Netzwerk Attac und ein Journalist des NDR berichten, hat das Schauspielhaus Hamburg ein Teil seines Gebäudes für die G20-Gegner*innen geöffnet. Von einer Besetzung im engeren Sinn kann nicht gesprochen werden. Die Initiative soll vom Geschäftsführer des Hauses, Peter F. Raddatz, ausgegangen sein. Wie es heißt, dürften die Aktivist*innen zunächst für eine Nacht bleiben. Danach werde man die Lage neu bewerten, so Raddatz in einem Videostatement auf Twitter. Augenzeugen*innen vor Ort berichteten, dass die Polizei zunächst versucht hatte, die Gipfelgegner*innen am Betreten des Schauspielhauses zu hindern.
Update 23.00 Uhr: Polizei drängt Demonstranten von der Straße
Die Polizei hat die Menschenmenge mit einem Großaufgebot von der Straße gedrängt. Die Demonstranten bleiben friedlich. In den angrenzenden Bereichen versuchen Aktivisten zu feiern.
Update 22.40 Uhr: Polizei räumt Pferdemarkt
Am Neuen Pferdemarkt/Ecke Stresemannstraße blockieren mehrere Dutzend Demonstranten die Straße. Die Polizei hat einen Wasserwerfer und Räumpanzer aufgefahren. Behelmte Beamte räumen die ersten Reihen. Laut Bildern aus sozialen Netzwerken kommt es dabei auch zu Schlägen gegen Protestierer.
Update 21.45 Uhr: Nach der Räumung folgt der Protest
Kaum hat die Polizei ihr Werk verrichtet, reagierten einige hundert Aktivist*innen mit einer Spontandemonstration. Der Protest zog zunächst Richtung Schauspielhaus, wurde aber von einem Großaufgebot der Polizei am Pferdemarkt gestoppt. Die Stimmung ist aufgeheizt.
Update 21.20 Uhr: Polizei räumt wildes Camp im Gählerpark
Aktivist*innen hatten es im Internet angekündigt: Sollten die Hamburger Behörden am Dienstag nicht Schlafzelte in den offiziellen NoG20-Camps erlauben, würden überall in der Stadt »wilde Camps« entstehen. Was im Fall des Altonaer Volksparks im kleinen Rahmen am Nachmittag gelang, wurde nur unweit entfernt im Gäblerpark (ebenfalls Altona) von der Polizei mit einem brutalen Einsatz unterbunden. Bereits am späten Nachmittag hatten sich mehrere Hundert Aktivist*innen auf der Grünfläche versammelt und damit begonnen, ohne Anmeldung ein Camp zu errichten. Augenzeugen vor Ort berichteten von etwa 400 bis 500 Menschen und mindestens zehn Zelten. Doch die Freude wehrte nur kurz. Gegen 19.30 Uhr rückte die Polizei mit zwei bis drei Hundertschaften an. Auf Verhandlungen wollten sich die Beamten in diesem Fall nicht einlassen und ordneten einen Abbau der Zelte an. Die Begründung: Es sei keine Versammlung angemeldet worden. Als die Aktivist*innen der Aufforderung nicht nachkamen, begannen die Einsatzkräfte den Platz zu räumen. Wie das »Freie Sender Kombinat« auf Twitter berichtete, setzte die Polizei Pfefferspray ein. Auch von Schlägen gegen die Camper*innen war die Rede. Nachdem die Beamten*innen die aufgestellten Zelte beschlagnahmt hatten, zog sich die Polizei zunächst wieder zurück.
Viele Aktivist*innen haben sich übrigens die Laune nicht verderben lassen. Obwohl die Beamten weiterhin massive Präsenz zeigen, feiern die Gipfelgegner*innen nun eine Party.
Update 19.45 Uhr: »Ausbruch aus dem Freiluftgefängnis Entenwerder«
Eines der Camps der G20-Kritiker ist am Dienstagabend geräumt worden - freiwillig und aus Protest gegen die ständigen Polizeieinsätze und Behinderungen seitens der Behörden. »Die Teilnehmenden des Antikapitalistischen Camps in Entenwerder haben heute beschlossen, sich nicht weiter von Polizei und Justiz schikanieren zu lassen«, heißt es in einer im Internet verbreiteten Erklärung. Die Rede ist von »pausenlose Patrouillen über und rund ums Camp, das Nichtdurchlassen von Versammlungsteilnehmern, Verpflegung und Presse«. Dies nehme man »nicht länger hin«. »Die repressiven Maßnahmen, der das Camp seit der ersten Anmeldung als politische Versammlung ausgesetzt ist, werden wir nicht länger akzeptieren: Wir bauen die Zelte ab und setzen unseren Protest auf vielfältige Weise an anderen Orten fort«, so die Aktivisten. Man sei mit der Vorbereitungsgruppe des Camps »als politische Versammlung durch alle juristischen Instanzen gegangen. Unser Ziel war es einen Ort des Austausches, Möglichkeiten zur Vernetzung und Regeneration für Prostestierende, sowie Schlaf- und Hygienemöglichkeiten zu schaffen«. Dies sei aber »diesem Ort und unter diesen Umständen nicht möglich«. Man habe »keinen Bock mehr am langen Arm der Justiz zu verhungern und darauf zu warten, dass die eine oder die andere Auflage doch noch gelockert wird«. Auf Twitter hieß es, »die Zelte gehen, unser Protest bleibt«.
Update 19 Uhr: In Entenwerder wurden Kekse aufgehalten
Die Stimmung auf dem Camp in Entenwerder ist weiter angespannt. »Alle zehn Minuten geht die Polizei über den Platz«, berichtet Sabine Boeddinghaus, die parlamentarische Beobachterin der Hamburger Linksfraktion. »Das sorgt für große Unruhe und Stress. Auch nachts leuchten die Beamten regelmäßig in die Gemeinschaftszelte rein.« Eine Solidaritätsaktion der Gewerkschaft ver.di sei zudem aufgehalten worden. Die Gewerkschafter hätten eine Großpackung Kekse für die Camper*innen besorgt. »Die Kekse kamen nicht durch die Polizeikontrolle«, so Boeddinghaus. »Wir haben sie dann in kleinen Packungen in das Camp gebracht, eine nach der anderen.« Als sie einen Polizisten darauf ansprach, dass das Essen gerichtlich nicht verboten worden sei, habe dieser geantwortet: »Das Gerichtsurteil interessiert mich nicht. Ich halte mich an das, was die Versammlungsbehörde sagt.«
Update 18.45 Uhr: In Altona werden erst zwei, dann zehn Zelte erlaubt
»I can't get no sleep« ist derzeit der Lieblingssong von Aktivisten in Hamburg. Der Techno-Track ist auch auf den Wiesen des Volksparks Altona zu hören, auf dem in einer Aktion des zivilen Ungehorsams 37 Schlafzelte aufgestellt wurden. Erlaubt waren für die Protestkundgebung gegen das Campverbot gerade einmal zwei Schlafzelte. »35 zu viel«, stellte der Einsatzleiter der Polizei trocken fest und beriet sich mit der Versammlungsbehörde. Gleichzeitig lief ein Eilantrag bei dem Verwaltungsgericht gegen das Zeltverbot. Das Gericht forderte die Polizei dazu auf, ihre Auflagen noch einmal anzupassen, woraufhin eine neue Verfügung erlassen wurde: 10 Zelte kann sich die Behörde gerade noch vorstellen. Das Verwaltungsgericht hat zur Stunde noch nicht entschieden, wie es mit diesem Bescheid weitergeht.
Die Aktivist*innen haben es sich derweil auf der Wiese gemütlich gemacht. Einige dösen in der Sonne, andere massieren sich. »Yes, we sleep!«, skandieren die Leute mutig. Um 19 Uhr versammeln sich die Camper*innen zu einem Plenum, um das weitere Vorgehen zu klären. Einer ruft aus seinem Zelt zur Ruhe auf. »Seid doch mal still! Wer soll denn bei diesem Lärm schlafen!«
Update 17.30 Uhr: Proteste gegen den Schlafentzug
Ob das Ärger gibt? Im Altonaer Volkspark läuft zur Stunde der von Attac in Zusammenarbeit mit dem Fernsehkoch Ole Plogstedt angekündigte Sleep-In-Protest unter dem Motto »Schlafen gegen das Schlafverbot«. »Mich regt es tierisch auf, dass einfache Sachen wie Schlafen oder eine Gemeinschaftsverpflegung verboten werden«, so Plogstedt. Obwohl die Mahnwache als rein symbolischer Protest für ein Recht auf Übernachtung und Schlaf in den Protestcamps gedacht ist, erließ die Versammlungsbehörde ein paar ungewöhnliche Auflagen. Laut Anordnung durften die Aktivisten immerhin zwei Schlafzelte aufbauen und diese auch als Ruherückzugszone nutzen. Allerdings wird in dem Schreiben extra betont, dass die Zelte nur »symbolischer Natur« seien.
Den etwa 200 Aktivist*innen waren die Vorgaben allerdings völlig egal. Schon kurz nach Beginn der Mahnwache standen 37 Zelte auf der Parkwiese, Menschen machten es sich im Gras gemütlich und hielten ein rein symbolisches Nickerchen. Viele skandierten die Forderungen »Yes we camp« und dann »Yes we sleep«. Zunächst hielten sich die versammelten Polizeikräfte zurück und suchten das Gespräch mit den Veranstaltern. Nach Angaben unserer »nd«-Reporter*innen vor Ort wurde die Mahnwache daraufhin beendet, doch sowohl die Protestierenden, als auch ihre Zelte sind zur Stunde noch da. Ausgang? Ungewiss.
Schlaflos in der Hansestadt
Berlin. Der Hamburger Innensenator Andy Grote beharrt auf dem Verbot von Übernachtungen in Protestcamps anlässlich des G20-Gipfels. »Es kann Protestcamps als Versammlungscamps geben, aber keine Übernachtungscamps«, sagte der SPD-Politiker am Dienstag.
Er erteilte auch einem Ultimatum von Aktivisten, ein zentrales Übernachtungscamp zu schaffen, eine Absage. Das Bündnis »Welcome to Hamburg« hatte bis Dienstagmorgen eine klare Zusage für ein Camp gefordert. Ansonsten wolle man »Parks, Plätze, Flächen und Knotenpunkte« in Hamburg mit vielen, kleinen Camps besetzen und zeigen, dass sich öffentlicher Protest gegen den G20-Gipfel nicht verbieten lasse.
Der verordnete Schlafentzug aber macht die Hamburger erfinderisch. Von den verschiedensten Seiten wird in der Hansestadt Solidarität mit den Gestrandeten gezeigt. Das Aktionsbündnis »Attac« richtete eine Bettenbörse ein, auf der in Privathaushalten Schlafmöglichkeiten vermittelt werden.
Auch auf Twitter werden von Unterstützern des G20-Protests Übernachtungsmöglichkeiten angeboten. »Da die Stadt Hamburg weiterhin offizielle Camps, in denen Menschen auch schlafen können, unmöglich machen will, starten wir schnell noch eine Kampagne mit der wir es solidarischen Hamburger*innen erleichtern wollen, sich beim Lösen des Schlafplatzproblems zu beteiligen«, heißt es dazu.
Die Bewohner Hamburgs werden ebenfalls dazu aufgefordert, Schilder oder Kennzeichen an die Tür oder Klingelschilder zu hängen, wenn sie für die Anreisenden Schutzmöglichkeiten oder Schlafplätze anzubieten haben.
Für Dienstagnachmittag kündtigte »Attac« ein »Sleep-In gegen Schlafverbote« an. Anmelder der Mahnwache im Altonaer Volkspark ist der bekannte RTL-II-Fernsehkoch Ole Plogstedt. Dieser wolle ab Dienstag, 16 Uhr, bis zum Ende des G20-Gipfels im Jugendsportpark campen, heißt es in einer Pressemitteilung des globalisierungskritischen Netzwerks.
»Wenn wir in Hamburg schon Despoten, Diktatoren und korrupte Staatschefs zu einem unsinnigen Gipfel begrüßen, ist es mir als Hamburger wichtig, dass wir den demokratischen Protest dagegen auch mit offenen Armen empfangen«, wird Plogstedt zitiert. »Wer nicht schläft, wer nicht isst, der kann auch nicht protestieren«, so Plogstedt. Damit wolle der Hamburger Gastronom »auf die Notwendigkeit« hinweisen, »den anreisenden Protestteilnehmern Schlafplätze in Hamburg anzubieten«.
Auch ein Journalist der »Zeit« weist auf Campingmöglichkeiten im Innenhof des Redaktionsgebäudes der Wochenzeitung hin. Inklusive morgendlichem Kaffeeangebot.
Am späten Sonntagabend griffen Polizisten beim Protestcamp auf der Elbhalbinsel Entenwerder mit dem Argument zu, dass auf dem Areal keine Übernachtungen genehmigt seien. Beamte bauten elf Schlafzelte ab und brachten auch Pfefferspray zum Einsatz; es gab eine Festnahme und Verletzte. Die zuständigen Verwaltungsgerichte hatten die Camps in mehreren Entscheidungen zwar generell als versammlungsrechtlich geschützte Veranstaltungen eingestuft, sofern dort politische Aktivitäten stattfinden. Am Montag erklärte das Hamburger Verwaltungsgericht jedoch, das »Aufstellen von Schlafzelten, das Errichten von Duschen sowie der Aufbau von Küchen sind weiterhin untersagt«. mit Agenturen
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