Alte Menschen als Profitquelle

Für Finanzinvestoren werden Pflegeheime und andere Sozialimmobilien immer interessanter

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Pflege alter Menschen wird zum beliebten Geschäftsmodell. Ein Filetstück steht jetzt in Hamburg im Schaufenster: Der größte Pflegeheimbetreiber der Stadt, »Pflegen & Wohnen«, soll offenbar an den US-Investor Oaktree verkauft werden. Damit werde die Pflege dem Profitstreben unterworfen, befürchtet Deniz Celik, gesundheitspolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Bürgerschaft. An die rot-grünen Regierungsfraktionen gewandt, fordert Celik: »Wenn sie ihrer Verantwortung für die Menschen gerecht werden wollen, gibt es zur Rekommunalisierung keine Alternative.«

Oaktree ist nicht der einzige Finanzinvestor, der sich mittlerweile besonders für Sozialimmobilien interessiert. Beflügelt wird dies von den Entwicklungen auf dem deutschen Immobilienmarkt. So sind die Preise für Wohngebäude - vor allem in Me-tropolen - rasant gestiegen und zwar schneller als die Mieten. Wohnimmobilien sind für Investoren daher oft zum heiklen Business geworden. Als schwierig gelten in der Branche inzwischen auch Büro- und Logistikflächen. Die lange Zeit gute Konjunktur der deutschen Wirtschaft, hohe Gewinne der Unternehmen und billige Kredite haben dazu geführt, dass viele Projekte bereits gebaut wurden oder in Planung sind.

Aufgrund der niedrigen Renditen anderer sicherer Geldanlagen setzen große Investoren wie die Versicherer verstärkt auf Immobilien. Diese versprechen keine Traumrenditen, aber einen soliden Gewinnfluss. Was die Nachfrage seit einigen Jahren zusätzlich befeuert. Der Immobilienmarkt gilt zwar noch nicht flächendeckend als gesättigt, aber es wird schwieriger, lukrative Projekte ausfindig zu machen.

Dazu kommen wirtschaftliche und politische Unsicherheiten, welche die Finanzbranche bewegen. In vielen entwickelten Industrienationen hat sich das Trendwachstum deutlich abgeschwächt - so auch in Deutschland. Gegenwärtig überstrahlt die dynamische Konjunktur diese schleichende Wachstumsschwäche.

In diesem Zusammenhang ist der demografische Wandel für die Volkswirtschaft von besonderer Bedeutung. Er werde die Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials, des Kapitalstocks und des technischen Wissens dämpfen, erwartet die Deutsche Bank in einer Analyse: »Bis 2025 dürfte sich das deutsche Trendwachstum somit nochmals halbieren auf dann nur noch 0,75 Prozent.« Ob die Abschwächung durch die Migration aufgefangen werden kann, ist umstritten.

Gleichzeitig gilt die zunehmende und konsumfreudige Ü-60-Bevölkerung als wachsender Markt für Reisen, Gesundheit und Pflege. Auf dem Immobilienmarkt sind daher Hotels besonders gefragt - und Sozialimmobilien wie Kliniken und Pflegeheime.

»Das Geschäft«, heißt es bei der Bremer Landesbank, »hat sich über die Jahre laufend erweitert, denn der Markt für Pflegeeinrichtungen expandiert.« Gleichzeitig gibt es Konzentrationstendenzen. Denn Betreiber versprechen sich von einer großen Bettenzahl entsprechend bessere Chancen im Wettbewerb.

2007 hatte der CDU-Senat die hamburgischen Pflegeheime für 65 Millionen Euro an die Berliner Firma Vitanas und die Andreas-Franke-Gruppe in Hamburg verkauft. Der Privatisierungsvertrag verbot einen Verkauf binnen zehn Jahren. Diese Frist endet nun.

Die beiden Mittelständler wollen offensichtlich Kasse machen und planen einen Verkauf aller Pflegeheime an den Finanzinvestor Oaktree. Von 500 Millionen Euro ist in Hamburg die Rede. Der Großteil davon würde auf das Filetstück »Pflegen & Wohnen« (13 Heime mit 2700 Plätzen) entfallen. Vitanas soll bundesweit 44 Einrichtungen mit 5700 Plätzen betreiben.

Welche Möglichkeiten die Politik im Hamburger Fall hat, ist umstritten. »Die Stadt hat kein Vorkaufsrecht und kann den Verkauf auch nicht verhindern«, sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD). Dagegen fordert die LINKE, »ernsthaft« zu prüfen, wie das Unternehmen »Pflegen & Wohnen« wieder in städtischen Besitz überführt werden kann. Die Verkaufsabsicht der jetzigen Besitzer biete eine Chance zur Rekommunalisierung. Zumindest solle die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht für die Grundstücke Gebrauch machen.

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