Drohung gegen Flüchtlingsretter
Nichtregierungsorganisationen kritisieren Pläne der EU für Helfer-Verhaltenskodex
Berlin. Der von Italien geforderte Verhaltenskodex für nichtstaatliche Retter von Flüchtlingen im Mittelmeer stößt auf Kritik. Hilfsorganisationen und Politiker warnten am Donnerstag davor, dass ein solches Regelwerk zu mehr toten Flüchtlingen führen könne. Das geplante Regelwerk zeige lediglich die Hilflosigkeit der EU im Umgang mit den Flüchtlingen, sagte die Sprecherin von SOS Méditerranée, Verena Papke, dem Evangelischen Pressedienst. Ruben Neugebauer, Sprecher der deutschen Organisation Sea-Watch, sagte: »Wenn wir gezwungen werden, gerettete Flüchtlinge selbst in Häfen in Italien zu bringen, werden die Einsatzkräfte zur Seenotrettung reduziert.« Das bedeute mehr tote Flüchtlinge. Der Kodex sieht unter anderem vor, dass Seenotretter Flüchtende nicht mehr an größere Schiffe übergeben dürfen.
Die EU-Innenminister begrüßten das Vorhaben, ein »klares Regelwerk« zu erstellen. Der Verhaltenskodex soll laut EU-Ratspräsidentschaft »dringend fertigstellt« werden.
Im Vorfeld des EU-Innenministertreffens in der estnischen Hauptstadt Tallinn und einer Migrationskonferenz in Rom traten auch die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Pro Asyl mit Appellen an die EU an die Öffentlichkeit. Die EU tue zum einen zu wenig, um selbst Menschen zu retten, hieß es. Zum anderen trage sie durch ihre Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache eine Mitverantwortung dafür, dass Migranten in Libyen misshandelt würden. Pro Asyl forderte die Bundesregierung auf, mehr Flüchtlinge aus Italien zu übernehmen. In Rom kündigte Michael Roth, Staatsminister im Auswärtigen Amt, derweil an, dass Deutschland Italien 250 Migranten pro Monat zusätzlich abnehmen will. Das Kontingent solle von monatlich 500 auf 750 Flüchtlinge aufgestockt werden. Agenturen/nd Seiten 6 und 16
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