Mossul: Große Probleme nach »großem Sieg«
Das Ende der Herrschaft des IS bedeutet den Anfang eines gewaltigen Aufbauwerkes in Irak
Mossul. Trotz des von den Irakern gefeierten Sieges über den IS in Mossul geht die Schlacht um die bisherige Hochburg der Dschihadisten weiter. Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hielten am Montag noch immer kleine Gebiete am Fluss Tigris. Dort rückte die Armee gegen die verbliebenen Extremisten vor, wie das irakische Staatsfernsehen meldete. Menschenrechtler warnten, auch das Leiden der Zivilisten sei noch lange nicht beendet. Die UNO erklärte, noch immer seien rund 700 000 Menschen aus Mossul vertrieben.
Regierungschef Haidar al-Abadi war am Sonntag zum Ausklang der knapp neunmonatigen Militäroperation nach Mossul gereist, um Kämpfer und Einwohner zu ihrem »großen Sieg« über den IS zu beglückwünschen. Eine zunächst angekündigte Rede an die Nation fiel aber aus, offenbar, weil die Stadt noch immer nicht vollständig befreit ist. Die irakische Armee war zuvor mit Luftunterstützung der US-geführten Anti-IS-Koalition in den letzten Rückzugsort des IS in Westmossul eingefallen. Sie hisste die irakische Flagge am Ufer des Tigris und in der Altstadt. Das Staatsfernsehen zeigte feiernde und tanzende Soldaten. Die irakische Nationalhymne wurde gespielt.
Abadi sagte zu ranghohen Militärs, sie sollten die Extremisten weiterhin bekämpfen, bis ihre letzten Widerstandsnester beseitigt seien. Nach dem Sieg habe der Wiederaufbau höchste Priorität.
Nach Angaben des Norwegischen Flüchtlingsrates harren noch immer Zehntausende Zivilisten in Mossul aus. Sie seien während der Kämpfe in der Stadt geblieben, auch weil die Flucht für sie zu gefährlich gewesen sei, sagte eine Sprecherin.
Bei den Gefechten um Mossul wurden der UNO zufolge mehr als 900 000 Menschen aus der Stadt vertrieben. Um die 200 000 von ihnen konnten zurückkehren. Die humanitäre Krise sei noch nicht vorbei, sagte die UN-Koordinatorin für humanitäre Fragen in Irak, Lise Grande. Von 54 Stadtteilen seien 15 stark und 23 mäßig zerstört. Vor allem in Westen liegen ganze Viertel in Trümmern.
Mit Mossul verliert der IS seine letzte große Hochburg in Irak und die größte Stadt, die er je unter Kontrolle hatte. Die Extremisten waren im Juni 2014 überraschend in Mossul eingefallen und hatten die Millionenmetropole innerhalb kürzester Zeit überrannt.
Die Terrormiliz ist nun in Irak militärisch weitgehend geschlagen. Sie kontrolliert nur noch unbedeutendere Gebiete etwa an der Grenze zu Syrien, das sie ebenfalls zu Teilen erobert hatte. Experten rechnen damit, dass sich die IS-Anhänger in die großen Wüstengebiete im Westen Iraks zurückziehen und dort Guerilla-Angriffe planen. Zudem ist die Miliz noch immer in der Lage, Attentate zu verüben.
Auch im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien steht die Terrormiliz unter Druck. Dort ist eine von Kurden geführte Allianz bis in die nordsyrische IS-Hochburg Rakka vorgerückt. Unterdessen hält die am Sonntag begonnene Waffenruhe im Südwesten Syriens trotz einiger Verstöße weitgehend. Agenturen/nd Seite 7
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