Wanda verkauft Tafelsilber
Der Immobilienkonzern des reichsten Chinesen, Wang Jianlin, soll Kreditraten nicht zahlen können
Es klingt wie eine Verzweiflungstaktik beim Brettspiel »Monopoly«: Die chinesische Wanda-Immobiliengruppe verkauft ihre Hotels. Zum günstigen Preis von umgerechnet knapp neun Milliarden Euro legt sie sogar noch Anteile des Konglomerats an Vergnügungsparks drauf. Es handelt sich bei den Hotels um Premiumimmobilien an 13 Standorten. Analysten zufolge steht Wanda unter Druck, seine Kreditraten zu bezahlen.
Der Gründer und Besitzer von Wanda, Wang Jianlin, wiegelte am Montag gleichwohl ab: »Unser Schuldenstand ist nicht allzu hoch«, sagte er dem Wirtschaftsmagazin »Caixin«. Der Multimilliardär und zurzeit reichste Mann Chinas gab jedoch zu, dass es ein erwünschter Effekt sei, »durch den Verkauf unsere Verschuldungsquote zu senken«. Tatsächlich hat Wanda erhebliche Reserven in Form von Anlagen - wie den Hotels. Echte Zahlungsschwierigkeiten zeichneten sich bisher nicht ab. Doch offensichtlich gibt es akute Engpässe. Kürzlich musste Wanda schon einen Übernahmeversuch in den USA absagen, weil Wang das Geld dort nicht zusammenbekam.
Auf jeden Fall markiert der Hotelverkauf das vorläufige Ende eines chinesischen Finanzwunders, das auch in Europa Erstaunen auslöste: Konzerne aus dem Reich der Mitte haben im In- und Ausland hemmungslos Anlagegüter und Firmen zugekauft, ohne groß auf den Preis zu achten. Wanda war ganz vorne mit dabei.
Mit der Übernahme der US-Kinokette AMC wurde das Unternehmen Weltmarktführer beim Betrieb von Lichtspieltheatern. Im vergangenen Jahr hat es sich das Filmstudio Legendary Entertainment geschnappt, Produzent von King Kong, Interstellar oder Jurassic World. In der Schweiz kaufte Wang den Sportrechtevermarkter Infront.
Im Inland trat Wanda großspurig gegen den Unterhaltungsgiganten Walt Disney an. Das Unternehmen versprach Filme mit höheren Einspielergebnissen und beliebtere Vergnügungsparks, weil es den Geschmack chinesischer Kunden besser treffe. Bei Shanghai ist ein vier Milliarden teurer Abenteuerpark im Bau.
Wang hat also rund um den Globus Megaprojekte begonnen, die erst einmal lange Zeit Geld kosten, ohne etwas einzubringen. »Wanda steht offensichtlich finanziell unter Druck, sonst würden sie nicht so viel auf einmal verkaufen«, schreiben Experten des Finanzhauses Guotai Junan International. »Das Unternehmen kann sich derzeit nicht auf die Einnahmeseite verlassen.«
Das Problem von Wanda geht letztlich auf die Initiative der Regierung zurück, Chinas Finanzwirtschaft wieder solider zu machen. Peking will verhindern, dass die Milliardeninvestitionen zu einer Schuldenkrise führen. Der Löwenanteil des chinesischen Wachstums speist sich aus dem Immobilienmarkt. Probleme in der Branche könnten das Land um Jahre zurückwerfen. Peking macht sich Sorgen und steuert gegen. So sollen die staatlichen Banken vorsichtiger bei der Kreditvergabe sein - und in China gehören alle Banken dem Staat.
Vor Wanda haben das bereits andere Finanzkonglomerate zu spüren bekommen. Der Chef der Versicherungsgruppe Anbang befindet sich bereits seit einem Monat in Haft. Die Aufsichtsbehörden haben offenbar Schwierigkeiten, sich in dem Gestrüpp von Geldquellen und Querbeteiligungen zurechtzufinden. Ebenfalls im Visier der Fahnder befindet sich die Fosun-Gruppe, die in Europa den Reiseveranstalter Club Med und den britischen Fußballverein Wolverhampton Wanderers gekauft hat.
Der 62-jährige Wang Jianlin ist mit seinem Immobilienvermögen von rund 30 Milliarden Euro vor zwei Jahren zum reichsten Chinesen aufgestiegen. Seine Eltern gehörten zu den Kommunisten der ersten Stunde, die an der Seite Mao Zedongs im Bürgerkrieg gekämpft haben. Seine eigene Karriere basiert gleichwohl auf einem soliden Verständnis kapitalistischer Spielregeln. In der nordostchinesischen Hafenstadt Dalian hat er erfolgreich mit dem Kauf und Verkauf von Grundstücken experimentiert. Heute gehören ihm Hunderte von Einkaufszentren, Wohntürmen und Gewerbegebäuden rund um den Globus.
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