Die Regel wird zur Ausnahme

Ellen Wesemüller über die fehlende Ausstattung für anderes Lernen

  • Ellen Wesemüller
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist still geworden um das pädagogische Konzept, das einst das Lernen revolutionieren sollte. Das letzte Mal ging der Jahrgangsübergreifende Unterricht vor etwa vier Jahren durch die Medien, seitdem haben sich die Berliner Schulen einfach still und heimlich von ihm verabschiedet. Kein Brandbrief von Eltern oder Gewerkschaft mehr, kein Senatsbeschluss, der weitere Lockerungen zulässt: Es läuft ganz einfach aus.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Mehr als die Hälfte der Berliner Klassen unterrichtet altershomogen, ab der dritten Klasse gibt es sogar neunmal mehr Regelklassen. Umso unverständlicher ist es, dass die Bildungsverwaltung weiter behauptet, JüL sei die Regelschulart: Ist sie nicht.

Wenn die rot-rot-grüne Koalition es politisch will, und es sprechen pädagogisch gesehen mindestens so viele Studien dafür wie dagegen, muss sie dieses Konzept besser ausstatten. Dass sie es will, steht im Koalitionsvertrag. Wenn sie es gerade nicht stärken kann, weil Lehrer oder Räume oder sogar beides fehlen, muss sie sich etwas einfallen lassen - sonst bricht sie ihr eigenes Versprechen.

Darunter leiden die, die sowieso schon die schwersten Bedingungen haben: sogenannte Brennpunktschulen, an denen es statt Frontalunterricht viel mehr individueller Betreuung und Förderung bedarf. Wenn diese Schulen vor JüL kapitulieren, obwohl es eigentlich für sie gedacht war, dann stimmt nicht die Idee nicht, sondern die Umsetzung. Dass sich Schulen von JüL verabschieden, ist dann nicht nur für die Pädagogen die bessere Wahl, sondern auch für die Schüler.

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