Demokratiehülle an der Weichsel

Stephan Fischer zur Zerstörung der Gewaltenteilung in Polen

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 1 Min.

Der Tonfall in der politischen Sphäre Polens ist oft schriller, grundsätzlicher, manchmal auch pathetischer als diesseits von Oder und Neiße. Die Bezeichnung »Putsch« als das, was seit Mittwoch im Sejm geschieht, scheint aber treffend. Nicht jeder Staatsstreich kommt mit Streitkräften daher, er kann auch im Parlament statt mit Panzern vorangetrieben werden. Mit ungeheurem Tempo und Radikalität peitschte die PiS Gesetzesvorhaben durch, die nicht weniger als das Ende der unabhängigen Justiz bedeuten können. Opposition im Inland und europäische Beobachter können nur zuschauen, wie aus der polnischen Demokratie eine Demokratiesimulation oder eine leere Hülle wird: Formal bleiben Institutionen bestehen, gibt es weiterhin ein Parlament, auch Gerichte, Prozesse und Urteile. Aber nach und nach werden sie von rechtsstaatlichen Prinzipien entkernt: Elementare rechtsstaatliche Prinzipien wie die Gewaltenteilung oder auch ein Minderheitenschutz werden geschleift.

Die EU hat außer Ermahnungen nach Warschau bisher keine wirklichen Mittel, um den Weg in den Autoritarismus zu stoppen. Das ist selbst verschuldet. Und gallig wird es, wenn EVP-Fraktionschef Manfred Weber von »roten Linien« spricht, die Polens Rechtsregierung überschreitet. Die PiS kann jede Linie überschreiten - Sanktionen wird einer immer verhindern: Viktor Orbán. Dessen autoritärem Staatsumbau hat die EU zugeschaut. Orbán ist einer der Vizepräsidenten der EVP.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.