Venezuelas Opposition übt sich in Symbolik

Referendum ohne bindende Wirkung bleibt hinter hohen Erwartungen an die Wahlbeteiligung zurück

Über 19 Millionen Venezolaner und Venezolanerinnen waren am Sonntag an die Urnen gerufen. Und das gleich zwei Mal: Die Opposition hatte für ein symbolisches Referendum über die umstrittene Verfassungsreform von Präsident Nicolás Maduro um Teilnahme gebeten, die Regierung selbst rief zum Probelauf für die Wahl zu einer neuen Verfassunggebenden Versammlung am 30. Juli.

Knapp 7,2 Millionen Venezolaner haben nach Angaben der Opposition an ihrer Volksabstimmung teilgenommen. Das teilten die Organisatoren nach Abschluss des Votums vom Sonntag und Auszählung von 95 Prozent der Stimmzettel mit. Es handele sich um »eine klare Botschaft an die Exekutive und an die Welt«, sagte die Präsidentin der Zentraluniversität von Venezuela, Cecilia García Arocha. Mehr als jeder Dritte der 19 Millionen Wahlberechtigten in Venezuela gab bei dem Referendum seine Stimme ab. Vor dem Wahlgang hatte es allerdings Erwartungen gegeben, dass etwa zehn Millionen Bürger an der Abstimmung teilnehmen könnten, die rechtlich nicht bindend ist.

Wie viele Venezolaner beim Probelauf der Regierung ihre Stimmen abgaben, wurde noch nicht bekannt gegeben. Der Organisationschef Héctor Rodríguez zeigte sich im venezolanischen Fernsehen angetan: »Es gibt eine sehr klare Botschaft: Hier gibt es ein Volk, das an den Schwierigkeiten wächst, das keinen Sturm fürchtet und das total dazu bereit ist, neue Realitäten zu schaffen.«

In ihrem erbitterten Streit mit Maduro hatte die Opposition zu dem Urnengang am Sonntag aufgerufen. Das Regierungslager boykottierte die Abstimmung und bezeichnete sie als »illegal«. Nach dem Ende des Urnengangs riefen Oppositionsanhänger in Caracas: »Diese Regierung stürzt«, Autofahrer stimmten ein Hupkonzert an.

Am Wahlsonntag wurden bei einem bewaffneten Überfall auf Oppositionsanhänger eine 61-jährige Frau getötet und drei weitere Menschen verletzt, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Unbekannte hätten von Motorrädern aus auf Bürger geschossen, die ihre Stimme abgeben wollten, hieß es.

In einer Ansprache im Staatsfernsehen erwähnte Maduro den tödlichen Vorfall nicht explizit. Er forderte jedoch ein Ende der Gewalt, für die er die Opposition verantwortlich machte. »Ich rufe die Opposition auf, zum Frieden zurückzukehren, die Verfassung zu respektieren, sich hinzusetzen und zu reden«, sagte er. »Lasst uns eine neue Gesprächsrunde, einen Dialog des Friedens beginnen.«

Das Auswärtige Amt in Berlin wertete die Abstimmung als »überwältigenden Ausdruck des Wählerwillens der venezolanischen Bevölkerung«, auch wenn das Plebiszit nicht rechtlich bindend sei. »Wir hoffen, dass dieses Resultat Präsident Maduro dazu veranlasst, die Einberufung der Verfassunggebenden Versammlung zu überdenken«, sagte eine Ministeriumssprecherin am Montag. Mit Agenturen

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.