Nach G20: Maas warnt vor Kriminalisierung linker Zentren

Justizminister widerspricht de Maizière und rät zur Besonnenheit / Rote Flora lädt zur Stadtteilversammlung

  • Elsa Koester
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach den Krawallen am Rande des G20-Gipfels war Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) schnell in seinen Forderungen nach Konsequenzen. Unter anderem stellte er eine Räumung linksautonomer Zentren wie der Roten Flora in Hamburg oder der Rigaer Straße in Berlin in den Raum. De Maizière betonte: »So etwas wie die Rote Flora, besetzte Häuser in Berlin und so etwas, was es in Connewitz in Leipzig gibt, kann man nicht hinnehmen. Wenn das einmal eingerissen ist, ist das nicht so leicht wieder zu lösen.«

Widerspruch gibt es jetzt von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), der vor einer schnellen Kriminalisierung linksalternativer Zentren gewarnt hat. »In einem Rechtsstaat darf es niemals Vorverurteilung geben - das gilt auch im Fall von Leipzig-Connewitz. Etwaige Verbindungen zu Gewalttätern und Straftaten müssen immer belegt werden«, sagte Maas der Leipziger Volkszeitung (Mittwoch). »Mit Blick auf linksalternative Zentren gehöre ich nicht zu denjenigen, die von Berlin aus Ratschläge erteilen. Die Behörden vor Ort kennen die betreffenden Einrichtungen einfach viel besser und müssen entscheiden, wann die Grenze der Strafbarkeit bei bestimmten Handlungen erreicht ist«, sagte Maas.

Bezüglich des linken Stadtteils Connewitz in Leipzig hatte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) bereits gesagt: »Wenn es rechtsfreie Räume in Connewitz geben sollte - woran ich nicht glaube - dann ist es vor allem Aufgabe der Polizei und des Verfassungsschutzes, dagegen etwas zu tun.«

Rota Flora lädt zur Stadtteilversammlung

Unterdessen werden auch die Rote Flora und linke Initiativen im Schanzenviertel aktiv. Für Donnerstag laden sie zu einer »außerordentlichen« Stadtteilversammlung in den Ballsaal des Millerntor-Stadions ein. »In den Medien wird seit dem Gipfelwochenende eine systematische Hetze gegen die linksradikale Bewegung im Allgemeinen und gegen das Projekt Rote Flora im Besonderen geführt«, heißt es in einer Erklärung des linken Zentrums. Eine Aufarbeitung der Ereignisse rund um die G20-Proteste wird angekündigt.

Lesen Sie zu diesem Thema auch: »Die Rote Flora betreibt Nachsorge«, die nd-Reportage über die Stimmung im linken Zentrum nach den G20-Krawallen.

In den Stunden nach der Krawallnacht war im Schanzenviertel und insbesondere vor der Roten Flora aufgeheizt über die Randale diskutiert worden, sowohl unter Linken, als auch mit Anwohnern.

Einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag des »Stern« zufolge glaubt nach den Ausschreitungen und der Berichterstattung etwa jeder zweite Bundesbürger, dass der Staat die Gefahr des »Linksextremismus« bislang unterschätzt habe. Rund 42 Prozent teilen demnach diese Einschätzung nicht. Gleichzeitig widersprach eine große Mehrheit der Meinung von de Maizière, dass sich »jeder Demonstrant, der Vermummten und Chaoten Schutz und Deckung bietet«, mitschuldig mache. 67 Prozent ist nach Angaben des »Stern« nicht der Auffassung, dass sich friedliche Demonstranten mitschuldig machen, wenn sie an Protestmärschen teilnehmen, bei denen auch der »schwarze Block« dabei ist. mit Agenturen

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.