Kalkulierter DDR-Vergleich

René Heilig über einen Mann der deutschen Einheit, der die Gegenwart scheut

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

»Die Türkei verhaftet willkürlich Leute und hält konsularische Mindeststandards nicht ein.« Das erinnere ihn daran, »wie es früher in der DDR war«, sagte Minister Schäuble (CDU) der »Bild«-Zeitung. »Wer dort gereist ist, dem war klar: Wenn Dir jetzt etwas passiert, kann Dir keiner helfen.« Genau! So war das! Und das darf man nie vergessen. Es gab kaum einen Spiegel- oder ARD-Korrespondenten, der nicht ohne Anklage im Stasiknast saß. Und kaum dass die Interzonenzüge Probstzella erreichten, waren die Passagiere vogelfrei. Bundesbürger auf der Transitautobahn hatten Angst, laut den Sender Freies Berlin zu hören. Gut, dass die Bundesrepublik die Milliardenkredite kündigte und keine Waffen mehr lieferte und eigene Wirtschaftsverluste hinnahm. Die unmissverständliche Reaktion war nötig, angesichts des widerlichen Bürgerkriegs, den das Ostregime gegen eigene Volksgruppen führte ...

Alles Unsinn? Klar. Natürlich war die DDR nicht das, was wir heute als Rechtsstaat preisen. Natürlich weiß auch Schäuble, der Unterhändler des Einheitsvertrages, dass der DDR-Vergleich - so wie die meisten historischen - in die Hose geht. Dennoch strengte er ihn an - statt das ewig enge (west-)deutsche Verhältnis zum NATO-Partner Türkei zu beleuchten. Das wäre eine Debatte über Demokratie und Wahrhaftigkeit wert. Gerade im Wahlkampf. Auch wenn das Thema Türkei-Kumpanei bislang nur wenige interessiert.

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