Des Engels Flügelschlag

Tom Mustroph zum Mindestlohn für professionelle Radsportlerinnen

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 2 Min.

Annemiek van Vleuten verspürte schon den Flügelschlag des Engels der Geschichte, als sie am Donnerstag die Serpentinen des Izoard hinauf kletterte. Die Niederländerin gewann damit den ersten Teil des neuen Austragungsmodus von La Course by le Tour de France, dem an die Tour angegliederten Frauenrennen von Tourorganisator ASO. Der bestand aus einer Bergetappe, eben hoch zum Izoard, und einem Zeitfahren als Verfolgungsrennen. Beide Etappen wurden am gleichen Tag wie die jeweiligen Etappen der Tour de France ausgetragen, auf den gleichen Straßen, vor dem gleichen Publikum. Das heißt, vor dem Teil des Publikums, der schon vor der Werbekarawane an der Tourstrecke stand.

Für gehobene Stimmung reichte das aber. Und Siegerin van Vleuten war sich ihrer historischen Rolle schon bewusst. »Ich habe mich an die Geschichten von der echten Tour de France der Frauen erinnert gefühlt, als es auch für sie über die ikonischen Berge der Tour ging«, sagte van Vleuten bei der Pressekonferenz.

Den zweiten Teil des Rennens, das Verfolgungsrennen, gewann sie auch. Kein Wunder, dass der neue Modus bei ihr ganz gut ankam. Auch andere Profifrauen begrüßten die Innovation. »Um unseren Sport voranzubringen, müssen wir neue Wege gehen«, meinte Elena Cecchini, italiensiche Meisterin und Profi beim deutschen Team Canyon SRAM, zu »nd«. Positiv bewertet wurde auch das Preisgeld: 6 000 Euro - das Fünffache dessen, was die Siegerin des Prestige bislang trächtigsten Rennen, des Giro d'Italia der Frauen, erhielt.

Weniger gut kam an, dass 67 der 119 gestarteten Fahrerinnen das Zeitlimit am Izoard verpassten. »Wie soll man bei einem Feld mit solchen Niveauunterschieden einen Rundfahrt organisieren?«, meinte Kopf schüttelnd der ASO-Verantwortliche für La Course, Thierry Gouvenou, zu »nd«. Van Vleuten hat eine einfache Erklärung dafür: »Viele von uns können es sich gar nicht leisten, Profi zu sein. Sie müssen halbtags arbeiten oder sie studieren, und können daher nicht trainieren.« Wäre Geld für einen Mindestlohn der weiblichen Radprofis da, würde auch das Niveau schnell steigen, ist sie überzeugt. So gut La Course gemeint war, so deutlich zeigte das Rennen die Probleme des Frauenradsports auf.

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