Ausgleichende Ungerechtigkeit

Grit Gernhardt ärgert sich über den Zweiklassen-Arbeitsmarkt

  • Grit Gernhardt
  • Lesedauer: 1 Min.

Der deutsche Arbeitsmarkt ist auch 27 Jahre nach der Vereinigung eine Zweiklassengesellschaft. Wer im Osten einer bezahlten Beschäftigung nachgeht, hat einerseits Glück, denn die Arbeitslosenquoten in den neuen Bundesländern sind höher als in den meisten Gebieten der alten Bundesrepublik. Andererseits führt die angespannte Jobsituation in Verbindung mit dem Fehlen großer Konzerne und einer schwachen gewerkschaftlichen Verankerung dazu, dass Firmen den Mitarbeitern schlechte Konditionen anbieten können, ohne um Bewerber fürchten zu müssen.

In der Praxis heißt das: Der durchschnittliche Tarifvertrag für Ostdeutsche sieht gegenüber dem Westdurchschnitt längere Wochenarbeitszeiten bei deutlich niedrigerem Gehalt vor. Ausgleichende Ungerechtigkeit quasi. In tarifvertraglich ungebundenen Betrieben - auch davon gibt es im Osten mehr als im Westen - sieht es noch schlechter aus.

Die Zweiklassengesellschaft schadet aber nicht nur den Ostbeschäftigten, sie untergräbt auch den sozialen Zusammenhalt. Wenn einem großen Teil der Arbeiter und Angestellten eines Landes vermittelt wird, ihre Arbeit sei weniger wert und sie müssten sich mehr anstrengen, um am Ende trotzdem mit weniger Lohn dazustehen, bröckelt die Solidarität weiter. Dass die IG Metall die Ost-West-Angleichung bei Löhnen und Arbeitszeit im Wahlkampf lauter als bisher fordert, ist nötig. Doch ohne groß angelegtes politisches Gegensteuern bleibt die Zweiklassengesellschaft bestehen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -