Fein säuberlich getrennte Badewelten

Im Sommerbad am Insulaner in Steglitz kommen sich Bahnenzieher und Planscher nicht in die Quere

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein schwül-warmer Freitag im August. Die Sonne steht im Zenit. Der Asphalt glüht. Die Schlange vor dem Eingang des Sommerbads am Insulaner ist lang. Wer am Ende steht, kann das Tor nicht sehen. Ältere Herrschaften, Mittdreißiger, jugendliche Hitzköpfe - sie alle wollen ins kühle Nass. Aber nicht nur sie. Auch eine schier endlose Schar an Kleinkindern unterschiedlichsten Schreihalsgrades steht bereit zur Eroberung des Bades. Oh Graus! Massenweise Kleinkinder im Schwimmbad. Für viele ist das der Horror.

»Ob ich heute wenigstens drei volle Bahnen schaffe«, flüstert ein Herr mit schlohweißen Haaren und Hawaii-Hemd seiner Gattin zu, die in roten Adiletten und mit zwei Fransen-Handtüchern umwickelt neben ihm steht. Nun ja, ob er es schaffen wird, ist alleine eine Frage seiner physischen Verfassung. Dem äußeren Eindruck nach zu urteilen, stehen die Chancen nicht schlecht.

Natürlich ging es dem betagten Badefreund aber um etwas anderes. Er wollte die offenbar hellseherischen Fähigkeiten seiner Begleiterin für eine Aussage über das Kleinkindervorkommen im Schwimmbad bemühen. Anscheinend ist der Herr heute zum ersten Mal am Insulaner.

Als gebürtiger Steglitzer, der schon den einen oder anderen heißen Sommertag im am Insulaner verbracht hat, kann man dem Herrn nur zurufen: Ruhig Blut, lieber Badefreund! Was andernorts problematisch sein kann, ist hier elegant gelöst: Ein großes Becken mit niedrigem Wasserstand, Saltorutsche und lustigen Aquapilzen, trennt die kleinen Planscher samt Anhang von den großen Bahnenschwimmern im Pool nebenan. Das ist toll. So kann ein jeder nach seiner Façon den Sommerspaß genießen.

Das ansonsten übliche Konfliktpotenzial zwischen den Kids, ihren familiären Unterstützern und den ruhesuchenden Freischwimmern ist minimiert. Voll ist es natürlich trotzdem. Eingangskontrollen gibt es auch.

Wer das nicht haben will, muss an einen einsamen See im Brandenburgischen fahren. Und wer Kinder so gar nicht mag, sollte auch nicht zum Insulaner kommen. Das schöne, große Freibad mit geräumiger Liegewiese ist überaus familienfreundlich. Am Imbissstand gibt es zuckersüße Schlangen in allen künstlichen Geschmacksrichtungen und außerdem Eisspray, das nach Erdbeeren schmeckt.

Im Hauptbecken hat man einen kleinen Teil abgetrennt. Hier können die ganz Kleinen die sichere Fortbewegung im Wasser unter Anleitung erlernen. Heute ist ein Mann im atemberaubenden Superman-Swimsuit der diensthabende Schwimmlehrer. Er macht seine Sache gut. Für manch einen vielleicht sogar zu gut. Ein Junge will gleich seine orangen Schwimmflügel loswerden und ins Schwimmerbecken entwischen. Das ist dann doch etwas zu übermütig, findet Superman und angelt sich den Ausreißer. Eine heldenhafte Tat!

So hat Superman an diesem Freitag im August mal wieder die Welt gerettet. Die des etwas zu ambitionierten kleinen Schwimmanfängers und auch jene des älteren Hawaiihemd-Trägers aus der Schlange von vorhin. Der hat von Supermans selbstloser Rettungsaktion allerdings nicht viel mitbekommen. Mit Badekappe, die Haarpracht will ja geschont werden, dreht er ungestört und anmutig wie eine junge Makrele seine Bahnen.

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