Scholl, der Schweiger
Oliver Kern mag Dopingberichte in der ARD - auch beim Fußball
Fußballfans werden Mehmet Scholl in der ARD vermissen. Das dürfen sie auch, schließlich war der Europameister von 1996 eine Bereicherung der Sportschau. Die Trennung des Senders von ihrem Experten ist trotzdem richtig.
Neun Jahre lang genossen die Zuschauer Scholls unbequeme, oft minimalistische Rolle in den Gesprächen mit Gerhard Delling, Matthias Opdenhövel oder Alexander Bommes. Einfach mal nichts sagen war auch eine Antwort, wenn die Frage zu doof war.
Beim Thema Doping ist es aber der falsche Weg. Geschwiegen wurde - speziell im Fußball - viel zu lange. Oder es wurden die kruden alten Thesen wiederholt, die keiner Überprüfung standhalten. Auch Scholl meinte einst, dass die Einnahme stimulierender Mittel im Fußball nichts bringen würde, denn: »Nimmst du was für die Kondition, wirst du langsamer.« Das allein ist schon falsch, und wer sagt denn, dass Fußballer nur was für die Kondition einwerfen? Aufputschmittel, Testosteron oder Mittel zur schnelleren Heilung von Verletzungen sind seit Langem beliebt.
Beim Confed Cup 2017 wollte Scholl lieber gar nicht über Dopinganschuldigungen gegen das russische Team reden. Das spielte an dem Tag nicht, also »hatte es in dem Moment überhaupt keine Relevanz«, begründete Scholl seinen Boykott später. Dabei fand der Confed Cup in Russland statt, auch die WM wird im kommenden Sommer dort gastieren. Und fragt man ehemalige Fußballstars wie Scholl, passt es wahrscheinlich nie, mal über Doping zu sprechen. In einem Interview sagte Scholl zwar später, Doping mache die Sportler und die Glaubwürdigkeit kaputt und müsse daher »ganz, ganz hart bestraft werden«. Dann fragt sich der Zuschauer aber, warum, wenn man nicht mal drüber reden muss und es doch ohnehin nichts bringt.
Einen neuen Arbeitgeber wird Scholl nicht lange suchen müssen. Es sprießen gerade neue Fußball-Talks aus dem Privatsenderboden. Dann darf er endlich über die tolle junge Nationalelf reden oder darüber, dass Mario Gomez zu wenig läuft. Nach leistungssteigernden Mitteln werden ihn Thomas Helmer, Jörg Wontorra und Co. sicher nicht fragen.
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