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Ein Spitzenteam - auf dem Papier

Vor der Basketball-EM muss der Bundestrainer mal wieder Löcher im Kader stopfen

»Alle Jahre wieder« wird üblicherweise erst in der Adventszeit angestimmt, doch die Verantwortlichen beim Deutschen Basketball Bund (DBB) dürften das Lied schon immer im Sommer auf den Lippen haben. Immer wieder hoffen sie, dass die besten Männer zum Nationalteam kommen und dem Verband gute Ergebnisse liefern, immer wieder aber hagelte es in den vergangenen Jahren Absagen und Verletzungen. »Wir sind eines der besten Teams in Europa. Wir sind jung, haben viele gute Spieler und können vieles erreichen. Warum sollen wir also nicht um eine Medaille mitspielen?«, fragte Jungstar Dennis Schröder zu Beginn des EM-Sommers rhetorisch. Weil dieses Team bislang nur auf dem Papier besteht, möchte man ihm trotzdem antworten.

Im Grunde hat Schröder Recht: Die Zeiten, in denen der DBB speziell auf der Spielmacherposition zu schwach besetzt war, sind mit Schröder vorbei. Daniel Theis und Maximilian Kleber können Nowitzki als große Flügelspieler zwar nicht ersetzen, haben in diesem Sommer aber immerhin den Sprung in die NBA geschafft. Paul Zipser und Robin Benzing sind trotz ihrer Größe gute Schützen mit Zug zum Korb, und mit Tibor Pleiß, Maik Zirbes und Johannes Voigtmann steht Bundestrainer Chris Fleming auf der Center-Position eigentlich ein sehr abwechslungsreiches und international erfahrenes Trio zur Verfügung.

Eigentlich. Zirbes fällt aber langzeitverletzt aus, Voigtmann wird erst kurz vor der EM wieder fit und Pleiß wurde von Fleming gar nicht erst eingeladen, da er die Mannschaft im Sommer 2016 mitten in der EM-Qualifikation verlassen hatte. Damals hatte Schröder komplett abgesagt, weil er sich für seinen Klub schinden und Führungsspieler werden wollte. Das hat gut geklappt, also bleiben diesmal mit ähnlicher Begründung Kleber und Zipser der deutschen Mannschaft fern. Die anderen NBA-Spieler Schröder und Theis stoßen erst jetzt zum Team, haben also die Hälfte der Vorbereitung verpasst.

Übrig bleibt ein Durchschnittsteam, das vermutlich darum kämpfen wird, überhaupt die EM-Vorrunde zu überstehen. »Wir müssen das Beste daraus machen. Alle müssen an einem Strang ziehen«, sagte Schröder. Ein guter Anführer hat eben auch immer gute Durchhalteparolen drauf. Das einzig Gute an dem Dauerproblem ist, dass der nächste Bundestrainer - nach der EM wird aller Voraussicht nach Co-Trainer Henrik Rödl den Posten übernehmen - viele Spieler aus der zweiten Reihe zur Verfügung haben wird, die schon mal Erfahrungen sammeln durften. Er wird sie ab dem Herbst auch brauchen, denn der Weltverband FIBA verabschiedet sich gerade vom üblichen Kalender, in dem Nationalmannschaften nur im Sommer Turniere und Qualifikationen spielten, wenn die Profiligen Pause machen. Die Qualifikation für die WM 2019 wird dann zusätzlich auch im September, November und Februar ausgetragen. Termine, zu denen die NBA-Klubs bereits signalisiert haben, ihre Spieler nicht freizustellen.

Ob es dann ohne Schröder und Co. reicht, ist mehr als fraglich. Das zeigte die jüngste Niederlage beim Vorbereitungsturnier in Russland. Die Gastgeber, die auch nur mit einem NBA-Spieler angetreten waren spielten die Deutschen beim 89:60 in der zweiten Halbzeit an die Wand. Gegen zweitklassige Mannschaften aus Island und Ungarn wurde nur knapp gewonnen, gegen Belgien knapp verloren. Fleming flüchtete sich jedes Mal in Lob für Einstellung und Kampfeswillen in der Defensive. Offensiv trat der Kader bislang jedoch limitiert auf.

Die Hoffnungen für diesen Sommer und den Erfolg bei der Europameisterschaft liegen also auf Schröder und Theis, die zum Training am Mittwoch in Hamburg dazustoßen werden. Beim Supercup gegen starke Serben, Polen und erneut Russland sollen die beiden dort dann schon die Mannschaft anführen, obwohl speziell Schröder seit zwei Jahren nicht mehr Teil des Teams war.

Nach dem letzten Test am 27. August gegen Frankreich geht es dann zur EM-Vorrunde nach Tel Aviv. Dort trifft die deutsche Auswahl auf die Ukraine, Georgien, Israel, Italien und Litauen. Die letzten drei Genannten sind mindestens auf einem Niveau mit den Deutschen anzusehen. Die besten Vier schaffen den Sprung in die K.o.-Phase in Istanbul.

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