Gebietsreform: SPD droht mit Scheitern der Koalition

Thüringer Sozialdemokrat Bausewein kritisiert Grüne / Linkspartei will vermittelnde Rolle spielen: Neubildung der Landkreise bis zum Juli 2019

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Berlin. Wird es noch etwas mit dem Kernprojekt der rot-rot-grünen Landesregierung? Die Koalition diskutiert am Dienstag in Erfurt das weitere Vorgehen in Sachen Gebietsreform. Die SPD will einen Fahrplan vorlegen, um das Vorhaben noch zu retten. Zuletzt hatten vor allem SPD und Grüne verschiedene Vorstellungen von dem Großprojekt, das nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofes seit Wochen auf Eis liegt. Doch die Zeit drängt. Im kommenden Jahr stehen turnusgemäß Landratswahlen an.

Kurz vor der Entscheidung zum weiteren Vorgehen verschärft sich nun der Ton in der rot-rot-grünen Landesregierung. SPD-Landeschef Andreas Bausewein drohte nach einem Zeitungsbericht erstmals mit dem Scheitern der Koalition. »Die Grünen müssen sich im Klaren darüber sein, dass sie mit ihrer Verzögerungstaktik das gesamte Vorhaben gefährden - und damit in der Konsequenz auch das rot-rot-grüne Bündnis«, sagte er der »Thüringer Allgemeinen«.

Die Grünen-Politikerin Astrid Rothe-Beinlich wies die Äußerungen Bauseweins zurück. »Mal langsam. Miteinander reden und gemeinsam Probleme lösen statt drohen«, erklärte die Parlamentarische Geschäftsführerin. »Gemeinsam geht besser. Schluss mit einsamen Drohungen«, so Rothe-Beinlich. Man trage »zusammen Verantwortung« und nehme »diese gemeinsam wahr«.

Die SPD liebäugelt damit, die Wahlen um ein Jahr zu verschieben. So will sie den Neuzuschnitt der Kreise noch in dieser Legislaturperiode bis 2019 ermöglichen. Die Grünen allerdings lehnen eine Kreisreform unter Zeitdruck ebenso ab wie eine Verlängerung der Amtszeit der Landräte.

Linkspartei, SPD und Grüne hätten die Reform 2014 mit dem Koalitionsvertrag beschlossen und danach im Landtag und im Kabinett mit Leitbild und Vorschaltgesetz einmütig untermauert, erinnerte Bausewein. Er forderte den kleinen Koalitionspartner zur Vertragstreue auf: »Alle grünen Parteichefs, Abgeordnete oder Minister stimmten jedes Mal dafür. Das kann man jetzt nicht einfach ignorieren.«

Die Thüringer Linkspartei will - wie auch die SPD - die Neugliederung der Landkreise bis 2019 durchziehen. Dazu sollen auch die Amtszeiten der Landräte um ein Jahr bis 2019 verlängert werden. Rund 100 Vertreter der Partei stimmten am Montagabend in Erfurt mit großer Mehrheit einem entsprechenden Antrag der Landesspitze zu, wie ein Sprecher der dpa sagte. Auf Grundlage dieses Antrags will die Linke am Dienstag in den entscheidenden Koalitionsausschuss zur Gebietsreform gehen. Ein Sprecher hatte zuvor erklärt, dass die Linkspartei »durchaus eine vermittelnde Position« zwischen den Plänen der SPD und der Grünen einnehmen werde.

»Wir stehen weiterhin zur Notwendigkeit der Gebietsreform«, sagte Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow der dpa. Die Beratung des Gesetzentwurfs solle unter »weitestgehender Einbeziehung« der Öffentlichkeit sowie kommunaler Spitzenverbände und der kommunalen Mandatsträger bis Ende 2018 geschehen. In diesem Zusammenhang sei eine Angleichung der Wahlen der Landräte und der Kreistage vorzunehmen.

Die Grünen hatten eine Kreisreform unter Zeitdruck zuletzt ebenso abgelehnt wie eine Verlängerung der Amtszeit der Landräte. Hennig-Wellsow hält eine Einigung am Dienstag dennoch für möglich. Ihre Partei werde nicht dogmatisch an dem Beschluss vom Montagabend festhalten. »Aber wir halten daran fest, dass wir eine politische Entscheidung für die Kreisgebietsreform wollen.«

Auf pflichtige Gemeindefusionen will die Linke zunächst verzichten. Eine freiwillige Gemeindegebietsreform solle jedoch weiter verfolgt werden und alle korrekten Anträge sollten bewilligt werden. Ein Konzept für die pflichtigen Gemeindeneugliederungen sei noch zu erarbeiten, heißt es.

Zuständig für die Umsetzung der Gebietsreform, die die rot-rot-grüne Landesregierung 2014 im Koalitionsvertrag vereinbart hat, ist Innenminister Holger Poppenhäger (SPD). Mit seinem Management der Reform ist die Linke offensichtlich unzufrieden. Nicht umsonst fordert die Partei in einem Punkt des Antrags, zur Umsetzung der Reform sei die Stelle eines zuständigen Staatssekretärs mit Kabinettsrang zu schaffen. »Ich glaube, es ist deutlich, dass wir bei der Verantwortung einen Neustart machen müssen«, sagte Hennig-Wellsow. Agenturen/nd

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