Thüringer Gebietsreform kommt - aber später

Rot-rot-grüne Koalition einigt sich auf neuen Fahrplan: ein Jahr mehr Zeit / Grüne und Linkspartei mit Ergebnis zufrieden / CDU schon im Wahlkampfmodus

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Berlin. Es war schon später Abend, als Bodo Ramelow ein Foto des Schornsteins der Sixtinischen Kapelle twitterte: weißer Rauch! Die Gebietsreform kommt, aber sie kommt später. In den Reihen der rot-rot-grünen Koalition wurde das als gute Einigung bezeichnet, man gebe sich bei einem schwierigen Thema mehr Zeit. Die oppositionelle CDU machte hingegen Front, die Regierung habe aufgegeben, hieß es. Dem Fraktionschef Mike Mohring entgegnete der Ministerpräsident daraufhin, die CDU habe die Kreisreform bis 2020 zu Ende führen wollen, »wir geben ein Jahr mehr Zeit und werden Kreis- und Gemeindereform 2021 abschließen«.

Nach wochenlangen Debatten, die in den letzten Tagen an Schärfe gewonnen hatten, war es ein rot-rot-grüner Koalitionsausschuss, der den neuen Fahrplan für die Gebietsreform ermöglichte. Man verständigte sich in der Nacht zum Mittwoch darauf, weite Teile des Projekts nicht mehr in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Die Neugliederung der Landkreise soll demnach bis 2021 umgesetzt, die gesetzliche Grundlage dafür bis Anfang 2019 und damit innerhalb der laufenden Legislatur geschaffen werden. Bei der Neuordnung der Gemeinden hält die Koalition an freiwilligen Zusammenschlüssen bis zum 31. März 2018 fest, verzichtet aber zunächst auf erzwungene Fusionen. Diese sollen erst 2021 kommen.

»Ich bin sehr zufrieden«, sagte Umweltministerin Anja Siegesmund von den Grünen nach siebenstündiger Verhandlung der dpa. »Es wird eine Entschleunigung der Kreisgebietsreform geben.« Ihre Partei hatte bei Neugliederungen der Kreise zuletzt auf die Bremse gedrückt und auch abgelehnt, die Amtszeiten der Landräte um ein Jahr bis 2019 zu verlängern. »Der Koalitionsausschuss ist erfolgreich zu Ende gegangen«, sagte Bodo Ramelow von der Linkspartei und verwies auf »gute Beschlüsse für die Zukunft unseres Bundeslandes«. Auch Susanne Hennig-Wellsow, Landeschefin und Fraktionsvorsitzende der Linken, sagte, sie sei mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Bereits am Vorabend hatte sie angekündigt, nicht dogmatisch in die Verhandlungen gehen zu wollen. Die Linkspartei hatte hier sozusagen die Vermittlerrolle zu spielen, die SPD musste in der Frage der Gebietsreform am weitesten von ihren Positionen abrücken.

Der Koalitionsausschuss entschied nun, die Landräte sollten planmäßig 2018 und dann 2021 - zur geplanten Neugliederung der Kreise also - erneut gewählt werden. Linke und SPD hatten sich zuletzt dafür ausgesprochen, die Kreise noch in dieser Legislatur neu zu ordnen und die Amtszeiten der Landräte dafür um ein Jahr zu verlängern.

Nachdem das Verfassungsgericht das sogenannte Vorschaltgesetz im Juni aus formellen Gründen für verfassungswidrig erklärt hatte, liegt die Gebietsreform seit Wochen auf Eis. Zudem hatte es erheblichen Widerstand aus der Bevölkerung und von Kommunalpolitikern gegeben. Sogar sechs Landräte von SPD und Linke stellten sich gegen den Zeitplan der Reform.

Das Vorschaltgesetz legte vor allem die mindestens erforderlichen Einwohnerzahlen für Gemeinden, kreisfreie Städte und Landkreise fest. Demnach sollten selbstständige Gemeinden künftig dauerhaft mindestens 6.000 Einwohner haben, Landkreise wenigstens 130.000 und kreisfreie Städte 100.000. Die Zahlen dürfen bis 2035 nicht unterschritten werden, wofür eine Prognose des Landesamtes für Statistik von 2014 zugrundegelegt wurde. Die Mindestgrößen erzwingen Zusammenschlüsse bisheriger kommunaler Einheiten, um auf die nötige Größe zu kommen.

Die Koalition will von nun besser kommunizieren: »Die weiteren Reformschritte müssen nicht nur rechtlich möglich sein, sondern auch im öffentlichen Bewusstsein als legitim angesehen werden«, heißt es in dem Beschluss. Zur besseren Planung und Durchführung soll außerdem ein Staatssekretär im Innenministerium installiert werden. Dieser soll auch an Kabinettssitzungen teilnehmen. An der Federführung von Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) gab es zuletzt viel Kritik.

Die CDU nutzte den Abend für vorgezogenen Wahlkampf. »Rot-Rot-Grün gibt auf«, befand CDU-Landes- und Fraktionschef Mohring und behauptete, die »Linkskoalition« sei »mit ihrem Vorhaben gescheitert, die Gebietsreform in dieser Wahlperiode ohne jede Rücksicht durchzupeitschen«. Die CDU wolle nun die Landtagswahl 2019 zur Abstimmung über die Gebietsreform machen. Agenturen/nd

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