3000 Kilometer Roter Teppich
Alberto Contador fährt seine letzte Spanienrundfahrt auf Sieg. Um das traumatisierte Barcelona macht die Tour einen Bogen
Zu Alberto Contadors Karriereabschied wird bei der Vuelta a España ein 3297 Kilometer langer Roter Teppich ausgelegt. Der zumindest in seinem Heimatland rückhaltlos verehrte Spanier will sich mit seinem vierten Gesamtsieg glanzvoll verabschieden. Der 34 Jahre alte zierliche Madrilene, dessen Tour-de-France-Sieg 2010 wegen Dopings aberkannt worden war, geht mit der Startnummer eins auf den wie immer äußerst anspruchsvollen Parcours. Die Chancen auf das Rote Trikot in Madrid sind allerdings eher bescheiden.
Das nach dem Terroranschlag in Barcelona trauernde Land empfängt die Vuelta erst am Montag. Am Samstag beginnt das Rennen mit einem 13,7 Kilometer langen Mannschaftszeitfahren in Nîmes in Südfrankreich. Entschieden wird es vermutlich erst am vorletzten Tag beim Anstieg auf den berüchtigten bis zu 20 Prozent steilen Angliru. Die Hauptstadt empfängt die Radprofis am 10. September zum Finale. Um das vom Terroranschlag traumatisierte Barcelona macht die Tour dieses Jahr einen Bogen.
Die Besetzung der 72. Spanienrundfahrt, die durch die positive A-Probe des sofort wegen möglichen Dopings suspendierten Olympiasiegers Samuel Sanchez schon die erste Erschütterung verkraften musste, ist erstklassig. Der viermalige Toursieger Chris Froome aus Großbritannien will nach drei zweiten Plätzen zum ersten Mal auch in Spanien triumphieren. Das Double aus Tour de France und Vuelta schaffte zuletzt der Franzose Bernard Hinault 1978.
Aber Froome sieht sich auch ohne den Vorjahressieger Nairo Quintana von aussichtsreichen Konkurrenten umzingelt. Neben Contador starten auch die Sieger von 2015 und 2010, die Italiener Fabio Aru und Vincenzo Nibali, mit großen Ambitionen. Genauso wie der Tourdritte Romain Bardet aus Frankreich.
Für die besonderen deutschen Momente will vor allem John Degenkolb sorgen, der 14 Tage nach dem Ende der Vuelta die deutsche Mannschaft bei der WM in Bergen als Kapitän anführen soll. Der 28-Jährige gewann bereits zehn Vuelta-Etappen. »Nach der Geburt unseres zweiten Kindes bin ich doppelt motiviert, auch wenn es in den ersten Tagen noch schwer werden wird«, sagte der Klassikerjäger aus Oberursel, der sich nach der Tour eine längere Pause gönnte.
Unter dem Eindruck der mäßigen Tourvorstellung mit Rang neun ist Contadors Abschied von der großen Bühne der logische Schritt. Aus dem einstigen »Pistolero«, der die steilsten Rampen mit spielerischer Leichtigkeit hinaufgeflogen war, ist längst ein gewöhnlicher Radprofi geworden - mit Schwächen und natürlichen Leistungsgrenzen. Der zweifache Toursieger, der wie er sagt »ohne Traurigkeit« geht, hatte die Radsportwelt mehr als ein Jahrzehnt in zwei Lager getrennt: Die Zweifler und die Gutgläubigen.
Sein erster Toursieg 2007 fiel ihm in den Schoß, nachdem sein Gegenspieler Michael Rasmussen wegen Irreführung der Dopingkontrolleure im Gelben Trikot aus dem Rennen genommen worden war. Doch der Verdacht fuhr auch beim Spanier stets mit. Weil der Name Contador erst in den Unterlagen der Operación Puerto 2006 vermerkt war, später aber wieder gelöscht wurde.
Der Madrilene beteuerte stets seine Unschuld und dominierte fortan den Radsport. Erst ein verfeinertes Testverfahren im Kölner Dopingkontrolllabor hatte Contador 2010 zu Fall gebracht. Die Winzigkeit von 50 Pikogramm der verbotenen Substanz Clenbuterol wurden dem Radstar zum Verhängnis. Er versuchte den Dopingverdacht mit dem Verzehr eines kontaminierten Steaks zu erklären. Im Februar 2012 wurde er aber rückwirkend für zwei Jahre gesperrt - und blieb danach nur noch ein Schatten ehemaliger Dominanz. dpa/nd
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