Zwei Nationalgedanken
Velten Schäfer belehrt André Poggenburg in Sachen Staatsbürgerkunde
Ob André Poggenburgs verstorbener Opa von der Stasi heute stolz wäre auf die rechten Umtriebe des Enkels, weiß man nicht. Die Linie DDR-AfD, die Poggenburg nun per Interview zieht, ist hingegen sicher falsch.
Denn anders, als er sagt, hatte die DDR ein sogar ganz grundsätzliches Problem mit »dem Nationalgedanken«: Er stellte ihre Existenz infrage. Daher hatte die SED zwei Nationalgedanken, sie unterschied zwischen »Nation« und »Nationalität«. Letzteres ist Thema der AfD: das Ethnische, überkommene Sitten und Kultur. Gerade davon stieß sich die »sozialistische Nation« aber theoretisch ab - als geronnene Geschichte sozialer Kämpfe, was übrigens Solidarität mit Geflüchteten einschloss.
Nun kann man fragen, inwieweit diese Unterscheidung die Massen ergriff. Doch zeigte jüngst die Böckler-Stiftung, dass die Formel Ex-DDR gleich AfD auch empirisch nicht aufgeht: Dass diese im Osten stärker sei, liege nicht an einem Kulturerbe, sondern an Nachwendeerfahrungen.
Anknüpfend lässt sich jener Gedanke, der Nation weniger als heilige Geschichts- oder Abstammungstatsache verstand denn als Entscheidung für ein progressives Projekt, gerade gegen die Poggenburgs richten. Und war jener Opa ideologisch auf Zack, hätte er ihn vorladen müssen: Die Reduktion von Nation auf Nationalität galt in der DDR als reaktionär.
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