Papst kommt nicht nach Moskau
Kardinalsstaatssekretär folgt »weltlicher« Einladung
Der offizielle Besuch von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin sei der erste Staatsbesuch aus dem Vatikan in Russland auf so hoher Ebene, schreibt die in Moskau erscheinende Tageszeitung »Kommersant«, die als bisher einzige darüber berichtet. Der Kardinalstaatssekretär ist die zweitwichtigste Person der katholischen Kirche. Am Dienstag trifft er den russischen Außenminister Sergej Lawrow. Das Treffen mit Präsident Wladimir Putin findet am Mittwoch in dessen Ferienresidenz Sotschi am Schwarzen Meer statt.
Nach Parolins Rückkehr nach Moskau sind auch Begegnungen mit seinem Amtskollegen, dem Leiter der Abteilung für auswärtige Beziehungen des Moskauer Patriarchats, Metropolit Ilarion, und mit dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill, vorgesehen. Parolin hatte seine Reise in der ersten Augustwoche in einem Interview der italienischen Zeitung »Corriere della Sera« selber angekündigt.
Damals hieß es, der »vatikanische Außenminister« bereite einen Papstbesuch in Russland vor. Jetzt heißt es ausdrücklich, Parolin folge einer Einladung der weltlichen russischen Behörden. Auch beim Gespräch mit dem Patriarchen Kyrill werde der Papstbesuch kein Thema sein. Die Zeitung zitiert den hohen Besucher mit den Worten, er komme als Mitarbeiter des Papstes, der »Brücken bauen« sowie Verständigung und Dialog weltweit unterstützen wolle. Im Falle Russlands bedeute der »Brückenschlag« einen umfassenden Dialog zwischen der römisch-katholischen und der russisch-orthodoxen Kirche, so der Kardinal.
Er komme aber auch nicht umhin, die Themen Syrien und Ukraine anzusprechen. Diese Bemerkung ist umso interessanter, als Putin am Mittwoch in Sotschi auch mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu über die Situation im Nahen Osten und in Syrien sprechen will. Der Kreml sieht in dem derzeitigen Besuch vor allem einen Vermittlungsversuch zwischen Russland und dem Westen. »Die kirchliche Diplomatie könnte Konfliktlösungen erleichtern«, sagt Roman Lunkin vom Europainstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften. Die Führer des Westens hörten immer auf den Heiligen Stuhl.
Was den »historischen« Papstbesuch in Russland angeht, so wäre der gegenwärtige Moment dafür offenbar denkbar ungünstig. »Russland ist bislang nicht bereit, den Pontifex zu empfangen«, sagt der Generalsekretär der katholischen Bischofskonferenz Russlands, Igor Kowalewski. Man sollte nichts übereilen. Papst Franziskus sagte seinerseits, wenn er nach Russland reise, müsste er dann auch die Ukraine besuchen. Nun betrachtet das Moskauer Patriarchat das Nachbarland aber nach wie vor als sein angestammtes »kanonisches« Gebiet. Direkte Einmischung des Vatikans würde unweigerlich böses Blut machen. Kommentar Seite 4
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.