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Rauch und Reizgas gegen Kurden

Neun Verletzte bei Solidaritätsveranstaltung in Spandau / Hintergründe unklar

  • Ellen Wesemüller
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei einer Veranstaltung zum Unabhängigkeitsreferendum der autonomen Region Kurdistan sind am Sonntagabend in Spandau neun Personen leicht verletzt worden. Zeugen berichteten, dass es in dem Festsaal kurz vor 22 Uhr einen lauten Knall gegeben habe. Kurz darauf habe sich Rauch auf der Tanzfläche ausgebreitet. Unmittelbar danach sollen Unbekannte Reizgas versprüht haben, woraufhin die Gäste aus dem Saal liefen. Es soll auch zu einer Rangelei gekommen sein, so ein Polizeisprecher.

Neun Teilnehmer erlitten durch das versprühte Reizgas so starke Augen- und Atemwegsreizungen, dass sie im Krankenhaus ambulant behandelt werden mussten. »Unter den Verletzten waren viele Syrer«, sagte der Polizeisprecher.

In einigen Medien war von einer »Rauchbombe« die Rede. »So etwas gibt es gar nicht«, so der Polizeisprecher. Die Hintergründe der Tat sowie der Ablauf seien noch unklar und werden vom Polizeilichen Staatsschutz beim Landeskriminalamt untersucht. Es gebe zwar keine widersprüchlichen Aussagen, dennoch unterschieden sich die Angaben stark.

Rund 400 Menschen hatten an der Veranstaltung teilgenommen, um ihre Solidarität für das Referendum zu bekunden. Die Kurden im Nordirak wollen am 25. September über eine Unabhängigkeit von der Zentralregierung in Bagdad abstimmen.

Die Polizei hatte die Veranstaltung nicht geschützt, weil sie gar nicht angemeldet war - dies ist auch nicht nötig, wenn es sich um private Räume handelt. Allerdings hatte der Veranstalter auch kein eigenes Sicherheitspersonal vor Ort. Ob dieses den Vorfall verhindert hätte, ist jedoch zu bezweifeln.

Mehtap Erol ist Ko-Vorsitzende der türkisch-kurdischen Partei HDK/HDP in Berlin. »Wir haben nun ein bisschen ein Problem«, sagt sie am Tag nach dem Vorfall. Die Veranstaltung hätten Anhänger von Masud Barzanî ausgerichtet, des De-facto-Präsidenten der Autonomen Republik, sowie dessen Demokratischer Partei Kurdistans. Von der sind aber nicht alle Kurden überzeugt: »Wir sind nicht gegen das Referendum. Aber wir brauchen kein Barzanî-Land, weil der mit Erdoğan unter einer Decke steckt«, sagt Erol.

In sozialen Netzwerken, so erzählt sie, tauchten nun Beschuldigungen auf, die Jugendliche der NAV-DEM hätten die Veranstaltung angegriffen. NAV-DEM ist eine Koordinierungsstelle verschiedener kurdischer Vereine in Deutschland, die der PKK nahesteht. »Wir haben das recherchiert: Das ist nicht so«, sagt Erol. Sie habe im Gegenteil die Jugendlichen aufgerufen, Ruhe zu bewahren, auch in sozialen Netzwerken. »Da muss man jetzt sehr vorsichtig sein, die nicht gegeneinander aufzuwiegeln. Das ist wirklich eine sehr kritische Situation.«

Hakan Taş, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, sagte, Drohungen gegen Kurden existierten schon lange. Er forderte die Polizei auf, in alle Richtungen zu ermitteln. Dass es kurdische Jugendliche gewesen sind, daran glaubt auch er nicht: »Da hätten Kurden schwer verletzt werden können - das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.« Möglicherweise seien es auch türkische Nationalisten gewesen. »Das ist eine Provokation, die den Freiheitskampf torpedieren soll.«

HÎNBÛN ist ein Bildungs- und Beratungszentrum für Frauen und ihre Familien in Spandau, das sich besonders an Kurdinnen richtet. Mitarbeiterin Sabine Knepel sagt über die Atmosphäre zwischen Kurden und Türken im Bezirk: »Es ist friedlich hier. Toi, toi, toi.«

Doch sie hat noch von einem anderen Anschlag gehört: Unbekannte hatten bereits in der Nacht zu Sonntag auf einem Spielplatz an der nahe gelegenen Lazarusstraße mit einer Explosion ein Holzklettergerüst und ein Spielhäuschen zerstört. Auch hier ermittelt das Landeskriminalamt. Die Polizei vermutet jedoch, dass es keinen Zusammenhang gibt. Aber: »Man wird das prüfen.«

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