Drohende Pleite heizt Streit über private Autobahn-Projekte an

SPD, LINKE und Grüne melden massive Zweifel bei öffentlich-privaten Partnerschaften an / Vorzeigeprojekt der Betreibergesellschaft »A1 mobil« steht offenbar vor dem Aus

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. In der Diskussion über öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) etwa beim Autobahnbau nimmt die SPD den Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ins Visier. »Sollte das ÖPP-Projekt zwischen Bremen und Hamburg pleitegehen, wäre das ein absolutes Desaster für Verkehrsminister Dobrindt«, sagte SPD-Vizefraktionschef Sören Bartol der »Passauer Neuen Presse« (Donnerstag). »Er hat die Pläne für den Ausbau unserer Autobahnen mit privaten Betreibern massiv vorangetrieben.« Zuvor war bekanntgeworden, dass die Betreibergesellschaft eines fertig ausgebauten Abschnitts auf der A1 zwischen Hamburg und Bremen gegen den Bund klagen will.

Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Kahrs, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: »Wir halten die ÖPP-Modelle für unwirtschaftlich.« Er forderte, für eine mögliche Rettung der Betreibergesellschaft »A1 mobil« dürfe kein Steuergeld bereitgestellt werden.

Der LINKE-Verkehrspolitiker Herbert Behrens warnte, der Bund mache sich »durch die private Finanzierung von Autobahnen in öffentlich-privaten Partnerschaften erpressbar«. »Wenn die Forderungen der privaten Investoren nicht erfüllt werden, ist die Verkehrssicherheit im betroffenen Streckenabschnitt gefährdet.« Behrens Parteikollegin Sabine Leidig verlangte ein Moratorium für ÖPP-Autobahnprojekte. »Fernstraßen dürfen nicht nach Gewinnmaximierung gebaut werden, denn sie gehören zur öffentlichen Daseinsvorsorge.« »Das Zocken mit der öffentlichen Infrastruktur muss endlich aufhören«, forderte der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler.

Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) warf Dobrindt Fehler vor. »ÖPP geht eben nicht immer schneller, ist eben nicht immer billiger.« Entscheidungen darüber müssten künftig sehr viel genauer und kritischer hinterfragt werden. Grundsätzliche Zweifel an ÖPP-Vorhaben hatte unter anderem auch der Bundesrechnungshof mehrfach deutlich gemacht.

Laut »Süddeutscher Zeitung« warnt »A1 mobil« vor einer »existenzbedrohenden Situation«. Dem Funke-Bericht zufolge hat die Klage gegen den Bund einen Streitwert von 640 Millionen Euro. Das Verkehrsministerium hatte Kritik zurückgewiesen und betont, ÖPP seien ein »sinnvolles und gutes Instrument«.

Das Konsortium betreibt einen 72,5 Kilometer langen Abschnitt der A1, den es von 2008 bis 2012 sechsspurig ausgebaut hat. Der Vertrag läuft über 30 Jahre. Die Vergütung durch den Bund richtet sich nach der Lkw-Verkehrsmenge und entsprechenden Einnahmen der Lkw-Maut. Diese sollen aber hinter den Erwartungen zurückgeblieben sein, wie die »Süddeutsche Zeitung« (Mittwoch) berichtete. Zum Jahresende laufe ein Stillhalteabkommen mit den Banken aus. Bis Ende September wollten Gläubiger Klarheit haben. Das Konsortium äußerte sich mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht zu Inhalten seiner Klage. Agenturen/nd

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