Linksunten.indymedia meldet sich: »Bald wieder zurück«

»Cyberspace liegt nicht innerhalb Eurer Hoheitsgebiete« / Aktivisten protestierten am Samstagabend gegen Verbot der linken Internetplattform

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Die linksradikale Internetplattform linksunten.indymedia hat angekündigt, »bald wieder zurück« zu sein. Auf der Website hieß es am Samstagmorgen in Richtung der staatlichen Behörden, die für das umstrittene Verbot zuständig sind, »der Cyberspace liegt nicht innerhalb Eurer Hoheitsgebiete. Glaubt nicht, Ihr könntet ihn gestalten, als wäre er ein öffentliches Projekt. Ihr könnt es nicht. Der Cyberspace ist ein natürliches Gebilde und wächst durch unsere kollektiven Handlungen«.

Auf der Website war ein Bild der Schauspielerin und Sängerin Barbara Streisand mit einem abgeklebten Mund zu sehen – eine Anspielung auf den nach ihr benannten Effekt, wonach der Versuch, eine unliebsame Information zu unterdrücken oder entfernen zu lassen, öffentliche Aufmerksamkeit nach sich zieht und dadurch das Gegenteil erreicht wird, dass nämlich die Information einem noch größeren Personenkreis bekannt wird.

Linksunten.indymedia war am Freitag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit der Begründung verboten worden, die Betreiber würden sich »fundamentaler Missachtung unserer Gesetze« schuldig gemacht haben und gegen »die Werteordnung unseres Grundgesetzes« verstoßen. Dies war bei der Opposition auf Kritik gestoßen, auch viele Bürgerrechtler und linke Gruppen äußerten scharfe Ablehnung.

Derweil haben Linke am Samstagabend in Freiburg gegen das Verbot protestiert. Die Demonstranten versammelten sich den Angaben zufolge gegen 19.30 Uhr auf dem Freiburger Augustinerplatz, zogen durch die Innenstadt und beendeten die Aktion knapp zwei Stunden später auf dem Konrad-Adenauer-Platz. Auf den Transparenten standen Aufschriften wie »Pressefreiheit statt Polizeistaat«. Nach Angaben der Polizei gingen gut 300 Linke auf die Straße.

»Regierungen leiten Ihre gerechte Macht von der Zustimmung der Regierten ab. Unsere habt Ihr nicht erbeten, geschweige denn erhalten. Wir haben Euch nicht eingeladen. Ihr kennt weder uns noch unsere Welt«, heißt es jetzt auf linksunten.indymedia. »In China, Deutschland, Frankreich, Russland, Singapur, Italien und den USA versucht Ihr, den Virus der Freiheit abzuwehren, indem Ihr Wachposten an den Grenzen des Cyberspace postiert. Sie werden die Seuche für eine Weile eindämmen können, aber sie werden ohnmächtig sein in einer Welt, die schon bald von digitalen Medien umspannt sein wird.« Man werde sich »über den gesamten Planeten ausbreiten, auf dass keiner unsere Gedanken mehr einsperren kann«.

Während das Verbot unter anderem von Justizminister Heiko Maas (SPD) und der Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßt wurde, zog die Linkspartei eine Verbindung zum Bundestagswahlkampf. »Es ist ziemlich verwunderlich, dass eine Plattform, die viele Jahre betrieben wird, jetzt plötzlich verboten wird«, sagte Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn. Dies gelte gerade in einer Zeit, in der die AfD eine Hetze gegen alles betreibe, was sich links versammele.

Die »Süddeutsche Zeitung« kommentierte das Verbot mit den Worten, »würde man der alten Devise folgen, dass auf einen groben Klotz ein grober Keil gehöre, dann hätte der Bundesinnenminister alles richtig gemacht … Zugegeben: Wegen der strikten Anonymität vieler, die sich auf der Plattform äußerten, war es für die Behörden schwer, einzelne Urheber ausfindig zu machen, die dort strafbare Beiträge ins Netz stellten. Es gibt freilich ein verfassungsrechtliches Übermaßverbot: Der Staat soll nicht im Übermaß, sondern so maßvoll wie möglich eingreifen. Das Vorgehen dagegen, erst ein generelles Verbot auszusprechen und dann weitere Beweise dafür zu sammeln, erinnert ein wenig an das alte Motto aus dem Western: Schieß erst, frage später.«

In der »Leipziger Volkszeitung« hieß es, »für den Bundesinnenminister hat das Vorgehen gegen ›linksunten.indymedia‹ parteipolitisch willkommene Nebeneffekte. Vier Wochen vor der Bundestagswahl versetzt de Maizière nun der linksextremen Szene einen Kinnhaken. Das wird vielen gefallen, die seit Langem den Eindruck hatten, der Staat blicke auf der Suche nach politischen Gewalttätern immer nur auf die Rechtsradikalen. De Maizière kämpft zugleich auch ums eigene politische Überleben. Die Schwesterpartei CSU reklamiert das Innenressort für die Zeit nach der Bundestagswahl für sich. De Maizière aber will nicht als einer dastehen, der in Fragen der inneren Sicherheit Tipps von der CSU und deren Ministeraspiranten Joachim Herrmann nötig hätte.« Agenturen/nd

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