Schulsanierung kommt nur schleppend voran
Stau an fälligen Arbeiten kann nur über Jahren abgetragen werden / Bauwirtschaft kritisiert schlechte Vorplanung
Seit fünf Wochen wird in Berlins Schulen gehämmert, gebohrt, gemauert und gestrichen. Wenn Anfang September der Unterricht startet, soll es für viele Schüler spürbare Verbesserungen geben. Das ist jedenfalls der Plan des Senats und der Bezirke. Doch der Sanierungsstau in den Schulgebäuden ist so groß, dass es mit einer einmaligen Aktion in den Sommerferien oft nicht getan ist.
Allein in Friedrichshain-Kreuzberg rechnet man mit rund einem Jahrzehnt Arbeit. »Der Bezirk ist gewillt, entsprechend der Beschlüsse auf Landesebene in den kommenden neun Jahren kontinuierlich den erfassten Sanierungsstau abzubauen«, teilte Stadtrat Andy Hehmke (SPD) mit. Insgesamt stünden dem Bezirk im Jahr 2017 dafür rund 20 Millionen Euro zur Verfügung.
»Die Sanierung des Hermann-Hesse-Gymnasiums in Kreuzberg ist mit rund sechseinhalb Millionen Euro die aktuell größte Baumaßnahme des Bezirks, die bereits vor den Sommerferien begonnen wurde.« Die Baustellenliste ist hier besonders lang: Brandschutz, Elektroanlagen, Toiletten, Fassade, Fenster, Barrierefreiheit - vor Ende 2018 werden die Handwerker das Gebäude nicht verlassen.
Auch an der größten Schulbaustelle von Prenzlauer Berg wurde in den Sommerferien gearbeitet. Das Gymnasium Pasteurstraße wird denkmalgerecht instand gesetzt. »Die Schule wird zum Schulbeginn noch nicht mit Schülern voll belegt. Es werden Restarbeiten und Mängelbeseitigungen bis zum Ende der Oktoberferien erforderlich sein. Foyer, Cafeteria und Anbau werden für den Mensabetrieb erst nach den Herbstferien zur Verfügung stehen«, sagte ein Sprecher des Bezirksamtes Pankow.
Es gibt aber auch Projekte, die im Zeitrahmen liegen. An der Humboldt-Oberschule in Reinickendorf sind die Malerarbeiten und die Erneuerung der Fenster in den Klassenräumen abgeschlossen worden.
Auch der Bezirk Lichtenberg hatte Ende vergangener Woche angekündigt, die Gelder für Sanierungen und den Schulneubau in den kommenden Jahren deutlich hochzufahren. Um die Maßnahmen zu koordinieren, wollen sich die beispielsweise die Ostbezirke zu einer Kooperationsgemeinschaft zusammenschließen, aus der die notwendigen Maßnahmen zentral gesteuert werden. Die Bezirke haben im Rat der Bürgermeister deutlich gemacht, dass sie diesen Weg im Gegensatz zu vom Senat favorisierten Schulbau-GmbHs favorisieren. Wie groß die Schwierigkeiten bei den Sanierungen unterdessen weiterhin sind, ist aus dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf zu hören. Der Bezirk habe große Probleme, Fachfirmen überhaupt zur Angebotsabgabe zu bewegen. »Insbesondere in den Bereichen Elektrotechnik und Sanitär«, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Die Schüler könnten sich trotzdem über sanierte Toilettenräume, frische Wandfarben, rollstuhlgerechte Gebäude und neue Fenster freuen, allerdings erst nach den Herbstferien.
Die Bauwirtschaft sieht den Grund für die Verzögerungen in der schlechten Vorausplanung bei den Ausschreibungen der Bauarbeiten. »Viele Aufträge wurden wegen der Bereitstellung der Mittel ab März erst im Juni ausgeschrieben. Damit konnten bauliche Maßnahmen teilweise erst nach Ferienbeginn angefangen und folglich nicht innerhalb der Sommerferien abgeschlossen werden«, sagte Reinhold Dellmann, Geschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg.
Dazu komme, dass der Sanierungsaufwand oft auch größer sei als geplant. »Wir fordern daher«, erklärte Dellmann, »die öffentlichen Verwaltungen dazu auf, anstehende Projekte langfristig und überjährig zu planen und auszuschreiben, so dass es nicht zu möglichen hausgemachten Engpässen in der Ferienzeit kommen kann, wenn die Baubranche zudem Hochkonjunktur hat.«
Neben den zu knappen Ausschreibungsfristen gebe es für die Bauwirtschaft noch ein zweites Problem. »Leider ist der Personalmangel in der öffentlichen Verwaltung immer noch ein Flaschenhals, der die Umsetzung von Maßnahmen verhindert. Wenn die zur Verfügung gestellten Mittel verbaut werden sollen, müssen die Bezirke für diese Ausgaben dauerhaft mehr Personal einstellen.«
Im laufenden Jahr 2017 sollen laut Senat rund 332 Millionen Euro in die Schulen investiert werden. Die Summe setzt sich aus verschiedenen Fördertöpfen zusammen. Darunter befinden sich das Sanierungsprogramm für Schultoiletten mit zwölf Millionen Euro pro Jahr und Eigenmittel der Bezirke. Die Verteilung der Sanierungsmittel auf die einzelnen Schulen ist von Bezirk zu Bezirk sehr unterschiedlich. dpa/nd
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