Afghanen fliehen vor Kämpfen
Mehr als 200 000 Kriegsvertriebene seit Jahresbeginn / Tote bei Anschlag in Kabul
Kabul. In Afghanistan sind seit Jahresbeginn mehr als 200 000 Menschen vor Gefechten zwischen Regierungskräften und Taliban aus ihren Heimatorten geflohen. Das geht aus einem in der Nacht zum Dienstag veröffentlichten Bericht der UN-Agentur zur Koordinierung humanitärer Hilfe hervor. Von Jahresbeginn bis zum 22. August seien 212 439 Afghanen heimatlos geworden. Binnenfluchtbewegungen gebe es derzeit in 30 der 34 Provinzen.
Im früher als ruhig geltenden Norden, wo bis 2013 die Bundeswehr stationiert war, würden mittlerweile 41 Prozent aller Kriegsvertriebenen registriert, melden die UN. Der Osten, in dem USA und afghanische Regierung auch gegen die Terrormiliz Islamischer Staat kämpfen, stehe für 17 Prozent aller Binnenflüchtlinge, heißt in dem Bericht weiter. Aus dem Westen kommen 13 Prozent aller Vertriebenen, aus dem schwer umkämpften Süden und Südosten 22 Prozent. In der Südprovinz Helmand, die die Taliban zu 80 Prozent kontrollieren, seien etwa 7000 Menschen in für Helfer nicht zugängliche Bereiche geflohen. Im vergangenen Jahr waren mehr als 660 000 Afghanen aus ihren Dörfern geflüchtet.
Bei einem Luftangriff des afghanischen Militärs sind in Westafghanistan mindestens 13 Zivilisten getötet und sieben verletzt worden. Das bestätigte am Dienstag der Sprecher der Regierung der Provinz Herat, Dscheilani Farhad. Die Luftwaffe habe am Montagabend ein Kommandozentrum der Taliban im Bezirk Schindand beschossen. »Dabei sind 20 Taliban getötet worden«, sagte Farhad. Leider seien auch in Privathäusern in der Nähe Zivilisten zu Opfern geworden.
Das Mitglied des Provinzrats Hadschi Torialai Taheri widersprach dieser Darstellung. Er sprach von 20 toten Zivilisten. Ihm zufolge hat der Luftangriff gar keine Taliban getroffen. Das Talibantreffen, das die afghanische Luftwaffe habe angreifen wollen, sei schon vorbei gewesen.
Im Mitte Juli veröffentlichten Halbjahresbericht der UN zu den zivilen Opfern des Krieges heißt es, die Zahl der durch Luftangriffe getöteten und verletzten Zivilisten sei im Vergleich zum ersten Halbjahr 2016 um 43 Prozent angestiegen - auf 232 Tote und Verletzte. US-Luftangriffe waren für 37 Prozent der Opfer verantwortlich.
In Kabul starben am Dienstag bei einem Selbstmordanschlag der Taliban vor einer Bank mindestens fünf Menschen. dpa/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.