Raumordnerisch nicht machbar

Umweltverband BUND: An Schließung Tegels führt rechtlich kein Weg vorbei

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Volksentscheid über die dauerhafte Offenhaltung des Nostalgieairports Tegel über die Inbetriebnahme des neuen Hauptstadtflughafens BER hinaus ist auch eine Paragrafenschlacht. An diesem Dienstagvormittag fährt der Umweltverband BUND mit einem juristischen Gutachten den Tegelfreunden von der FDP in die Parade. Kernaussage der vom Verwaltungsrechtler Karsten Sommer angefertigten Expertise: Ein Weiterbetrieb Tegels ist »planungsrechtlich nicht durchsetzbar«.

Sommer erläutert: »Luftverkehrsrechtlich mag eine Genehmigung für den Weiterbetrieb Tegels durchaus möglich sein. Allerdings ist auch eine raumordnerische Genehmigung nötig.« Das hätten in anderen Fällen bereits Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg sowie des Bundesverwaltungsgerichts gezeigt. Diese wiederum sei praktisch nicht zu erlangen, denn: »Tegel ist die Lärmbelastung schlechthin in der raumordnerischen Abwägung.« Eines ist für Sommer klar: Sollte tatsächlich in den verschiedenen Landesentwicklungsplänen (LEP) die Festlegung auf einen einzigen Standort, nämlich den BER, für den Linien- und Charterluftverkehr entfallen, müsste Tegel in den Anforderungen dem Vergleich mit Alternativen standhalten. Das wären zum Beispiel die Flughäfen Neuhardenberg und Finow bei Eberswalde, wo es auf der Hand liegt, dass wesentlich weniger Anwohner von Lärm betroffen wären als bei dem Berliner Flughafen am Innenstadtrand.

Der Konsensbeschluss von 1996

Der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg einigten sich am 28. Mai 1996 auf den »Konsensbeschluss« für den Bau eines Hauptstadtflughafens in Schönefeld.

Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann, Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (beide CDU) und Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) besiegelten in dem Beschluss das Flughafenkonzept für die Region mit einem »Single-Airport«. Viele Fachleute bevorzugten den Standort Sperenberg südlich von Berlin. Eine Länderfusion zwischen Berlin und Brandenburg war am 5. Mai 1996 gescheitert. mkr

Allerdings ist schon eine zügige Änderung der bestehenden LEP Berlin-Brandenburg und LEP Flughafenstandortsicherung sowie des in Ausarbeitung befindlichen LEP Hauptstadtregion in diesem Aspekt nahe der Utopie. Schließlich werden diese Pläne im Einvernehmen der Länder Berlin und Brandenburg in jahrelangen Prozessen entwickelt und fortgeschrieben. Sommer bezeichnet die Pläne als »Gesamtgeflecht von raumordnerischen Festlegungen, das über Jahrzehnte entstanden ist«.

Bekanntlich war schon der Standort Schönefeld des Hauptstadtflughafens BER nur in Kombination mit der Schließung der Airports Tempelhof und Tegel genehmigungsfähig, weil nur so weniger Menschen insgesamt fluglärmbetroffen sind.

Im Übrigen beharrt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) - anders als die Berliner Landes-CDU - auf einer rechtlich gebotenen Schließung des Flughafens. »Ich gehe von dem Faktischen aus. Und da muss ich sagen, dass Tegel geschlossen werden muss, das ist die Rechtslage«, sagt die CDU-Vorsitzende. Es wäre gar nicht zur Genehmigung des künftigen Hauptstadtflughafens BER gekommen, wenn man nicht versprochen hätte, Tegel zu schließen. »Das eine war mit dem anderen unabdingbar verbunden«, so Merkel.

»Den Tegel-Befürwortern scheint offenbar nicht ganz klar zu sein, dass es rechtlich keinen alles überragenden Vorrang der Interessen des Flugverkehrs gegenüber den Interessen der Anwohner, der Umwelt, des Klimas und der Stadtentwicklung gibt«, sagt BUND-Landesgeschäftsführer Tilmann Heuser. Er fordert eine Debatte über die Konsequenzen eines ungehemmten Luftverkehrswachstums. »Wir fordern ein Luftverkehrskonzept, bei dem es nicht nur um die Abdeckung der Kapazitäten geht«, sagt Heuser. Die Politik müsse »endlich die indirekten Subventionen wie Befreiung von der Mehrwert- und Kerosinsteuer abbauen«. Auch die Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Bahn müsse vorangetrieben werden.

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