Anzeige wegen Volksverhetzung gegen AfD-Vize Gauland

Bekannter Jurist Thomas Fischer sieht »Vorsatz« in den Äußerungen des stellvertretenden Parteichefs der Rechtsaußenpartei, der eine SPD-Politikerin »entsorgen« will

  • Lesedauer: 3 Min.

Mühlhausen. Der frühere Bundesrichter Thomas Fischer geht gerichtlich gegen AfD-Vize Alexander Gauland vor. Es bestehe der »Tatverdacht der Volksverhetzung« schreibt Fischer. Gauland hatte am Wochenende auf einer Wahlkampfveranstaltung in Eichsfeld in Thüringen über die SPD- Staatsministerin für Migration, Aydan Özoğuz, gesagt: »Ladet sie mal ins Eichsfeld ein und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist. Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei dank, in Anatolien entsorgen können.«

Einen Tag später hatte Gauland gesagt, er habe »spontan formuliert«. Das Wort »entsorgen« sei »kein gutes Wort« und könne »missgedeutet« werden. Das will Fischer nicht gelten lassen: »Am Vorsatz des Beschuldigten, der promovierter Jurist mit zwei Staatsexamen ist, kann kein ernsthafter Zweifel bestehen«, schreibt er laut Informationen des Spiegels in seiner Anzeige. Die Rede Gaulands stelle eine Aufforderung zu »Willkürmaßnahmen« gegen Özoguz allein aufgrund ihrer »ethnischen Herkunft« dar, treffe darüber hinaus alle Deutschtürken und sei deswegen Volksverhetzung nach § 130 Absatz 1 Nr. 1.

Darüber hinaus hat der streitbare Ex-Bundesrichter, der sich in seinen Kolumnen bei Zeit Online regelmäßig wortstark äußert, den AfD-Politiker auch wegen »Verletzung der Menschenwürde durch Beschimpfen und böswilliges Verächtlichmachen« (§ 130 Absatz 1 Nr. 2) angezeigt.

Jeder im Publikum habe verstanden, was Gauland damit habe sagen wollen, schreibt Fischer: Deutsch-Türken wie Özoğuz hätten in Deutschland nichts verloren - sie seien »Abfall, Müll, überflüssig«. Der Jurist schließt mit den Worten: »Wenn das keine Volksverhetzung ist, kann man den Tatbestand streichen.«

Der Vorgang werde von Amts wegen geprüft, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft im thüringischen Mühlhausen am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst. Den Eingang einer Anzeige des früheren Bundesrichters Fischer bei der Anklagebehörde konnte sie indes noch nicht vermelden. Die Strafanzeige werde am Mittwoch in Mühlhausen eingehen, hieß es zuvor laut Medienberichten.

Der AfD-Politiker nannte die Anzeige Fischers laut einem Bericht des »Redaktionsnetzwerks Deutschland« nur »völlig verfehlt«. Gauland sagte: »Frau Özoğuz ist in Deutschland völlig fehl am Platze«. Der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« sagte er, er bereue seine ursprüngliche Äußerung, Özoğuz zu »entsorgen«, nicht. »Ich will es gar nicht als Fehler bezeichnen. Der Bohei, der um dieses Wort gemacht wird, ist absolut lächerlich«, sagte er. »Eine Frau, die sagt, eine deutsche Kultur sei jenseits der Sprache nicht identifizierbar, hat in diesem Land nichts verloren.«

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte die Äußerungen Gaulands am Dienstag als »rassistisch« und kritisierte das Provokations-Muster der AfD: »erst eine Provokation, dann ein kleiner Rückzieher«. Der Umgang Gaulands mit seinen Äußerungen zeige, »welch Geistes Kind die Autoren solcher Schmähungen sind«. nd/epd

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