Indymedia-Betreiber klagen vor Bundesgericht gegen Behörden

Betroffenen-Anwalt sieht »Missbrauch des Vereinsrechts« um gegen »unliebsames« Nachrichtenportal vorzugehen

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Die vermeintlichen Betreiber von linksunten.indymedia haben am Mittwoch mehrere Klagen eingereicht. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wendeten sich die Betroffenen gegen das angewendete »Konstrukt eines Vereins« durch das Bundesinnenministerium. Parallel dazu gehen die Beschuldigten vor dem Verwaltungsgericht Freiburg juristisch gegen die Hausdurchsuchungen Ende letzter Woche vor.

Am vergangenen Freitag hatte das Bundesinnenministerium die Wohnungen von drei mutmaßlichen Betreibern sowie des autonomen Zentrums KTS in Freiburg durchsuchen lassen und den Beschuldigten eine Verbotsverfügung für den laut Ansicht der Behörden hinter der Plattform stehenden Verein zugestellt.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) behauptete, bei der Webseite handelte es sich um die bedeutendste Plattform für »gewaltbereite Linksextremisten« in Deutschland. »Seit Jahren nutzen sie diese Plattform, um Hass gegen Andersdenkende und Repräsentanten des Landes zu säen.«

Auf »Linksunten Indymedia« hieß es am Samstagmorgen in Richtung der staatlichen Behörden, die für das umstrittene Verbot zuständig sind, »der Cyberspace liegt nicht innerhalb Eurer Hoheitsgebiete. Glaubt nicht, Ihr könntet ihn gestalten, als wäre er ein öffentliches Projekt. Ihr könnt es nicht. Der Cyberspace ist ein natürliches Gebilde und wächst durch unsere kollektiven Handlungen«. Aktuell meldet die Homepage nur »Wir sind derzeit offline«. Am Wochenende hatte es mehrere Solidaritätsdemonstrationen mit dem Portal gegeben.

Der Rechtsanwalt Sven Adam bezweifelt in einer Pressemitteilung zur Klage die Einordnung von »Linksunten Indymedia« als Verein. Außerdem sei nicht ersichtlich, ob die Betroffenen der Untersuchungen tatsächlich mit dem linken Nachrichtenportal in Verbindung stehen. Die beantragte Akteneinsicht solle Klarheit bringen. »Aus den uns bislang vorliegenden Unterlagen ist nicht ersichtlich, wie das Bundesinnenministerium die Einordnung von linksunten.indymedia.org als Verein belegen will geschweige denn was die Betroffenen der Durchsuchungen damit zu tun haben sollen«, so Adam. Sein Verdacht: Das Bundesinnenministerium »missbrauche« das Vereinsrecht, um gegen ein »unliebsames« Nachrichtenportal vorzugehen.

Mit der zweiten Klage vor dem Amtsgericht Freiburg soll zunächst einmal die »schnelle Herausgabe« der während der Durchsuchungen beschlagnahmen Habseligkeiten der Betroffenen, wie etwa Computer und Mobiltelefone, erwirkt werden.

»Linksunten Indymedia« existiert in seiner jetztigen Form seit dem Jahr 2009. Seiner Selbstbeschreibung nach will die Plattform »Bewegungen die Möglichkeit bieten, frei von staatlichen Kontrollen und kapitalistischen Interessen Berichte, Erfahrungen, Analysen, Träume und Meinungen zu verbreiten, um Gegenöffentlichkeit zu schaffen«.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!