Jetzt sind die Alten dran

Bei der EM der Volleyballer fehlt dem deutschen Team noch ein Sieg zur Medaille - mehr Risiko soll helfen

Der Besuch von Katowice dauerte leider nur kurz. Die deutschen Volleyballer hatten in der Spodek Arena vor drei Jahren mit WM-Bronze ihren größten Erfolg der jüngeren Vergangenheit gefeiert, und nun an gleicher Stelle auch das EM-Viertelfinale gegen Tschechien mit 3:1 gewonnen. Nun muss die Auswahl des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) umziehen. Immerhin winkt in Krakow die erste Medaille bei einer Europameisterschaft: Ein Sieg im Halbfinale gegen Serbien an diesem Sonnabend oder im folgenden Platzierungsspiel am Sonntag würde reichen. »Wir haben eine schöne Geschichte geschrieben. Sie ist aber noch nicht zu Ende«, sagte Georg Grozer nach dem Zittersieg am Donnerstag.

In der Vorrunde hatte die DVV-Mannschaft Tschechien noch klar dominiert, diesmal wurde es knapper. Nach dem Gewinn des zweiten Satzes war Tschechien mit einer Führung im dritten nah dran an der nächsten Sensation. Zuvor hatten sie bereits Titelverteidiger Frankreich ausgeschaltet. Doch Grozer und Co. wurschtelten sich irgendwie durch. Der Bundestrainer machte danach die Nervosität auf deutscher Seite für den knappen Ausgang verantwortlich: »Das Viertelfinale ist immer das schwierigste Spiel eines Turniers. Die jüngeren Spieler waren unglaublich nervös, was normal ist«, sagte Andrea Giani.

In der Tat zeigte sich der 18-jährige Mittelblocker Tobias Krick weit weniger effizient und Libero Julian Zenger (20) war wackliger in der Annahme. »Heute haben die Älteren das Spiel gemacht. Es war wichtig, auch mal so ein Spiel zu gewinnen, auch wenn es nicht schön anzusehen war«, so der Bundestrainer. Der Druck des Favoriten sei jetzt aber weg. »Im Halbfinale wird es leichter, weil wir auf eines der großen Teams treffen.«

Und das kommt aus Serbien, wie die deutsche Mannschaft noch ohne Niederlage in Polen. Und die Serben müssen nicht mehr reisen, haben sie doch schon ihr 3:0 im Viertelfinale gegen Bulgarien in Krakow feiern dürfen. Es war ein eindrucksvoller Sieg, doch auch Serbien hatte beim 3:2 gegen Estland in der Vorrunde schon einen Wackeltag. So wird es am Sonnabend wohl auf die berühmte Tagesform ankommen, wenn es um den Finaleinzug geht.

Egal, wie es dann ausgeht: Der DVV kann die EM - nach einem mit der verpassten WM-Qualifikation - sonst enttäuschenden Sommer schon als Erfolg verbuchen. Viele machen dafür den neuen Trainer Giani verantwortlich, dessen System endlich greife. Mehr Risiko sollen die Spieler eingehen, dort wo es unter dem alten Trainer Vital Heynen oft vermieden werden sollte. Wer genauer hinsieht, erkennt im Angriffsspiel der Deutschen jedoch kaum mehr Risiko. Die eher kleineren Außenangreifer Denis Kaliberda und Ruben Schott sind immer noch gezwungen ihre Bälle am Block vorbei zu legen, und selbst Hauptangreifer Grozer haut nicht wild drauf los, wenn der Pass mal nicht gut steht.

»Wir nehmen vor allem im Aufschlag mehr Risiko«, sagte Zuspieler Lukas Kampa gegenüber »nd«. So verzichten Marcus Böhme und Schott nun auf die langsameren Flatteraufschläge zugunsten von mehr Härte. Viele Punkte hat das bisher aber nicht eingebracht. Beiden zusammen gelangen erst drei Asse während dieser EM. Als Mannschaft liegen die Deutschen in dieser Statistik auch nur im Mittelfeld - und die anderen drei Halbfinalisten vor ihnen.

Im zweiten Semifinale stehen übrigens Russland und erstmals Belgien. Letztere werden jetzt von Vital Heynen trainiert. Seine Methoden scheinen so falsch auch nicht zu sein.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -