Werbung

Crashkurs im Vergessen

Um ihre Chancen bei der EM zu wahren, müssen Deutschlands Basketballer aus der Niederlage gegen Gastgeber Israel schnell lernen

  • Florian Lütticke, Tel Aviv
  • Lesedauer: 3 Min.

Die schwarze Kapuze tief über die silbern funkelnde Kappe gezogen stapfte Dennis Schröder missmutig in die schwülwarme Nacht. Nach der verpatzten Nervenprobe gegen Gastgeber Israel im Hexenkessel von Tel Aviv richtete der Anführer der deutschen Basketballer trotzig den Blick nach vorn und glaubt trotz der schweren nächsten Aufgaben fest an das Achtelfinale bei der EM. »Wir werden auch weiter mit Selbstbewusstsein spielen - so haben wir die besten Chancen, als Team weiterzukommen und nach Istanbul zu fliegen«, sagte Schröder mit leiser Stimme und gesenktem Blick vor den schweren Duellen mit Italien und Litauen.

Nach dem bitteren 80:82 gegen den Vorrundengastgeber trotz 16 Punkten Vorsprung im letzten Viertel kam dem jungen Team der Ruhetag gerade recht. Nach einem morgendlichen Videostudium schaltete Coach Chris Fleming am Montag schnell in den Zukunftsmodus. »Wenn dir dieses Spiel im Kopf hängt, dann gewinnst du das nächste ganz sicher nicht«, betonte der Bundestrainer und setzt auf einen Lerneffekt. »Das ist eine Erfahrung, die wir machen müssen - leider. Ich hoffe, dass es sich auszahlt für die nächsten paar Spiele.«

Mit zwei Siegen und einer Niederlage liegt das deutsche Team gleichauf mit den kommenden Gegnern Italien und Medaillenkandidat Litauen. Der bislang letzte Sieg über die Italiener liegt sechs Jahre zurück, am Dienstag soll es endlich klappen. Gegen die basketballverrückten Balten gab es in sechs Duellen bei großen Turnieren noch nie einen Erfolg, am Mittwoch folgt der nächste Versuch. Doch selbst mit zwei weiteren Niederlagen bestünde noch eine realistische Möglichkeit auf den ersten Sprung in eine K.o.-Runde bei der EM seit zehn Jahren. Dann wären Schröder & Co. jedoch von anderen Ergebnissen abhängig. Zudem droht im Achtelfinale mit den potenziellen Gegnern Frankreich, Slowenien oder Griechenland eine härtere Aufgabe.

»Wir müssen uns den Mund abwischen, was sollen wir machen?«, forderte Kapitän Robin Benzing. »Es ist, wie es ist. Wir haben einen guten Start ins Turnier hingelegt, wir sind noch gut im Soll.« Mut machte dabei der erste starke EM-Auftritt von Daniel Theis mit 15 Punkten und 15 Rebounds, auch wenn der NBA-Neuling schimpfte: »Das ist mir scheißegal, wie gut ich spiele - wir haben das Spiel verloren.«

Denn nach einem zuvor bravourösen Auftritt zeigte sein Team mangelnde Abgeklärtheit vor den knapp 9000 Zuschauern, verlor die vorherige Souveränität. Mit 25,6 Jahren im Schnitt stellt die Auswahl des Deutschen Basketball Bundes den jüngsten Kader bei der EM.

Auch Schröder - mit 20 Punkten erneut bester Werfer - ließ sich von der Hektik anstecken, saß mit vier Fouls und einer Schnittverletzung an der linken Hand länger als gewohnt auf der Bank. Die leichte Blessur soll ihn aber auf dem weiteren Weg nicht behindern. »Geht schon«, sagte der Aufbauspieler der Atlanta Hawks mit Blick auf die Hand, in der er einen Müsliriegel hielt. »Ich hoffe, dass es in den nächsten zwei Tagen besser wird. Das wird schon.«

So pflegte das Team im noblen Fünf-Sterne-Hotel mit Ausblick auf den feinen Mittelmeer-Sandstrand nicht nur Seele, sondern auch Körper. »Für die Älteren ist es vielleicht gut, dass es ein Ruhetag ist«, sagte der 19 Jahre alte Isaiah Hartenstein mit einem Augenzwinkern. So könnte sich die Jugendlichkeit des deutschen Teams im engen EM-Terminkalender durchaus noch als positiver Faktor erweisen. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -