SEK-Präsenz bei Demo hat Nachspiel
Grünen-Sprecher spricht von »Gewaltdrohung« / Antifa-Bündnis berichtet von Hitlergrüßen und Angriffen / Linkspartei will aufarbeiten
Ist es nur eine »unglückliche Verquickung« oder der »Auftakt für eine Post-G20-Strategie« für den Einsatz von Spezialeinsatzkommandos bei linken Demonstrationen? Die sächsische Landtagsabgeordnete der Linkspartei, Juliane Nagel ist sich nicht sicher. Zusammen mit 400 Antifaschisten war sie am Samstag nach Wurzen gekommen, um dort auf neonazistische Gewalt aufmerksam zu machen.
Rote-Flora-Sprecher Andreas Blechschmidt hatte die Demonstration für das bundesweite Antifa-Bündnis »Irgendwo in Deutschland« angemeldet. Er habe dies schon Monate vor den Ausschreitungen beim G20-Gipfel getan, erzählt Nagel. Im Kooperationsgespräch habe Blechschmidt betont, er wolle eine friedliche Demonstration. Das Landratsamt in Borna erwartete 250 Teilnehmer.
Doch nach dem G20-Gipfel in Hamburg machten konservative Politiker und Wurzener Bürger gegen vermeintlichen Krawall mobil: Ein lokaler rechter Hooligan meldete eine Gegendemonstration an, Einwohner verbarrikadierten ihre Geschäfte mit Holzplatten. Die Polizei fuhr einen Wasserwerfer Probe durch die engen Kopfsteinpflasterstraßen der sächsischen Kleinstadt und stufte die Demonstation als »Großereignis« ein, »nicht alleine«, aber auch wegen der Personalie Blechschmidt, so die Polizeidirektion Leipzig gegenüber »nd«.
Gleich fünf Wasserwerfer und »mehrere Hundertschaften« - genauer will Polizeisprecher Uwe Voigt auch im Nachhinein aus »einsatztaktischen Gründen« nicht werden - bot die Polizei deswegen am Sonnabend auf. Außerdem wurden die anreisenden Antifaschisten von einem Sondereinsatzkommando begrüßt. Die Spezialkräfte halte man bei Großlagen normalerweise immer im Hintergrund bereit, sagt Voigt.
Juliane Nagel jedoch kann sich nicht an die Präsenz von Spezialkräften, selbst bei »wirklichen Großdemonstrationen wie Legida« in den letzten Jahren erinnern. Während Polizeisprecher Voigt die Sichtbarkeit des SEK bedauert und diese damit quasi zum zufälligen Einsatzfehler erklärt, vermutet Nagel eine Machtdemonstration: »Ich denke, dass das die Politik der Polizei war, dort so aufzutreten«.
Der sächsische Grünen-Sprecher Jürgen Kasek bezeichnete die SEK-Präsenz am Sonntag als »unangemessene Gewaltdrohung« der Polizei. Auch andere Beobachter befürchten, dass das demonstrative Zurschaustellen des SEK bei einer Demonstration Auftakt für eine »Post-G20 Strategie« der Kriminalisierung linken Protests sein könnte.
Direkt beim Start und im Verlauf der Demonstration hingegen zeigte sich die »rassistische Normalität«, gegen die die angereisten Antifaschisten protestieren wollten. Immer wieder kam es laut Veranstaltern zu Hitlergrüßen durch am Rand stehende Rechte. Die daneben stehenden Polizisten hätten sich laut einer Mitteilung der Organisatoren für »nicht zuständig« erklärt. »Hier waren die Wurzener Zustände für alle sichtbar«, sagt Sandra Merth von »Irgendwo in Deutschland«.
Von »keinerlei gewalttätigen Auseinandersetzungen« und fünf Anzeigen gegen rechte Gegendemonstranten, darunter eine wegen eines Hitlergrußes, berichtet hingegen die Polizei. Er selbst sei bei der Demonstration mitgelaufen und habe »keine weiteren Hitlergrüße« gesehen, sagt der Sprecher der Polizeidirektion Leipzig.
Nagel bezweifelt das. Sie hat bereits zwei Kleine Anfragen an die sächsische Staatsregierung zum Polizeieinsatz und der Präsenz des Sondereinsatzkommandos gestellt und verspricht: »Es wird eine Aufarbeitung geben«.
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