Ausgeträumt?
Proteste gegen Trumps Aus für Migrantenkinder
Die USA präsentieren sich erneut tief gespalten. Während sich Donald Trumps rechtspopulistische Basis und jene republikanisch regierten Bundesstaaten, die dem Präsidenten mit einer Klage gedroht hatten, zufrieden mit seiner Entscheidung zum Programm für Migrantenkinder zeigten, wurde in vielen Städten gegen das von Justizminister Jeff Sessions verkündete Aus der »Deferred Action for Childhood Arrivals« (DACA) protestiert. In New York nahm die Polizei 34 Bürgerrechtler in der Nähe des Trump Towers fest.
Zuletzt habe der Präsident immer wieder erklärt, er liebe die »Dreamers« (Träumer), wie die Kinder von Einwanderern ohne Papiere vornehmlich aus Lateinamerika genannt werden. Doch »er hat uns belogen«, klagte Gustavo Torres von der Migrantenorganisation Casa. Vielmehr habe er den Wünschen weißer Nationalisten entsprochen, so Cristina Jimenez, Direktorin von »United We Dream«. Sein Amtsvorgänger Barack Obama hatte den Betroffenen 2012 per Dekret das Recht auf Aufenthalt, Ausbildung und Arbeit eingeräumt. Untersuchungen sprechen von einer Erfolgsgeschichte der Integration. Über 90 Prozent der »Träumer« sprächen fließend Englisch, so das »Zentrum für Migrationsstudien«. Etwa ein Drittel der DACA-Teilnehmer seien aufs College gegangen. 89 Prozent hätten Jobs und zahlten Steuern, zwei Milliarden Dollar pro Jahr. Ihre Abschiebung würde 60 Milliarden Dollar kosten, der Volkswirtschaft gingen in zehn Jahren 280 Milliarden verloren, so Schätzungen.
Auch deshalb ist der Widerstand gegen die Abschaffung des angeblich verfassungswidrigen Schutzprogramms für junge Migranten in der US-Wirtschaft besonders groß. Dies sei ein trauriger Tag für das Land, schrieb etwa Facebook-Chef Mark Zuckerberg in einem Post. Erst junge Menschen zu ermutigen, aus dem Schatten zu treten und der Regierung zu vertrauen, und sie dann dafür zu bestrafen - das sei besonders grausam. Und Apple-Chef Tim Cook zeigte sich erschüttert, dass 800 000 Amerikaner, darunter 250 seiner Angestellten, vielleicht bald das einzige Land verlassen müssten, das jemals ihr Zuhause war. »Unmenschlich« nannte Obama das Vorgehen. »Sie hinauszuwerfen senkt unsere Arbeitslosenquote nicht, mindert nicht die Steuerlast von irgendwem und erhöht auch keine Arbeitslöhne.« Sessions hatte behauptet, die »Dreamers« würden Amerikanern die Arbeit wegnehmen. Doch selbst der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, hat für sie plädiert.
Wie Rapper Diddy und Schauspielerin Kristen Bell greifen viele US-Stars Trump öffentlich an. Sängerin Cher rief per Twitter dazu auf, selbst betroffene Kinder aufzunehmen. Inzwischen haben mehrere Generalstaatsanwälte von US-Bundesstaaten angekündigt, gegen die Abschaffung von DACA rechtlich vorzugehen. Wie schon wegen des umstrittenen Einreiseverbots gegen Menschen aus mehrheitlich muslimischen Ländern will etwa Bob Ferguson (Washington) die Regierung erneut verklagen. Trump hat den Schwarzen Peter erst einmal dem Kongress zugeschoben. Der habe nun sechs Monate Zeit, über eine neue rechtliche DACA-Regelung zu befinden. Apple und andere Konzerne wollen mit dem Parlament zusammenarbeiten, um einen permanenten Schutz für alle »Träumer« zu erreichen.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.