Schluss mit dem Konsenszwang
Ines Wallrodt über Möglichkeiten, die Tarifbindung im Handel zu fördern
Was jetzt als Teufelszeug gilt, war bis zum Jahr 2000 üblich: allgemeinverbindliche Tarifverträge im Einzelhandel. Abschlüsse galten damit auch für Unternehmen, die nicht im Arbeitgeberverband Mitglied waren. Doch dann kündigten die Arbeitgeber dieses Prinzip auf. Statt über Produkte oder Service konkurrieren die Händler nun vor allem über Lohnkosten. Den Preis zahlen die vornehmlich weiblichen Beschäftigten und ihre Familien. Indirekt auch die Steuerzahler, wenn niedrige Löhne und magere Renten am Ende staatlich aufgestockt werden müssen.
Die Gewerkschaft war und ist zu schwach, dem etwas entgegenzusetzen. Auch Böse-Böse-Appelle der Bundesarbeitsministerin wie am Wochenende in Düsseldorf werden die Dumpingprofiteure kaum beeindrucken. Dabei hätte die Politik andere Waffen, um die Rückkehr zur Tarifbindung zu befördern. Sie müsste weitere Hürden für die Allgemeinverbindlichkeit abbauen, denn die Reform von 2014 hat die Vetomacht der Arbeitgeber im entscheidenden, auf Konsens verpflichteten Tarifausschuss nicht gebrochen. Deren Spitzenorganisationen verhindern hier jeden Vorstoß, sogar dann, wenn die betroffenen Tarifparteien einer Branche dafür sind.
Diese Blockademöglichkeit muss fallen - die Gesellschaft kann kein Interesse daran haben, dass eine Branche für Millionen Beschäftigte ein Armutssektor bleibt.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.