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Licht an für Dügida

Rechtspopulistin Melanie Dittmer gewinnt gegen Düsseldorfer Bürgermeister

  • Sven Eichstädt, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.

Politiker dürfen ab sofort nur noch sehr selten dazu aufrufen, an Gegendemonstrationen von Kundgebungen etwa von Pegida oder der AfD teilzunehmen. Das ist die Folge eines Grundsatzurteils des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig von Mittwoch (Az. 10 C 6.16). Dies gilt für alle Politiker, die ein Amt innehaben, also etwa Bürgermeister, Minister, Dezernenten, Staatssekretäre, Ministerpräsidenten oder auch Bundeskanzler. »Bei Äußerungen von Staatsorganen muss es sich um einen integrativen Diskurs handeln, der nicht ausgrenzen darf«, sagte der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Klaus Rennert, zur Begründung. »Staatsorganen ist es nicht erlaubt, öffentliche Kommunikation zu lenken oder zu steuern.« Mit Blick auf Demonstrationen rechtspopulistischer Bewegungen fügte Rennert an, dass es zwar sein könne, dass die Menschen, die dort demonstrierten, andere Menschen ausgrenzten. »Aber der Staat darf darauf nicht mit den gleichen Waffen antworten«, ergänzte der Gerichtspräsident, »die Äußerungen von Staatsorganen müssen stets die Anforderungen einer rationalen Argumentation erfüllen.«

Anlass der höchstrichterlichen Entscheidung bot eine Demonstration des Düsseldorfer Pegida-Ablegers Dügida von Januar 2015. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) hatte damals in einer Erklärung im Internet darum gebeten, an einer Gegendemonstration am gleichen Tag ebenfalls in Düsseldorf teilzunehmen. Dügida-Chefin Melanie Dittmer klagte dagegen und verlor in diesem Punkt zunächst im August 2015 vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf und im November 2016 vor dem Oberverwaltungsgericht Münster. Nun allerdings gewann Dittmer vor dem Bundesverwaltungsgericht. »Der Aufruf zur Teilnahme an einer Gegendemonstration griff in unzulässiger Weise in den Meinungsbildungsprozess der Bevölkerung ein«, begründete Präsident Rennert die Entscheidung. »Die Teilnahme am Meinungskampf ist ein Prozess, der sich in einer Demokratie von unten nach oben vollzieht.«

Der Düsseldorfer Parteienforscher und Juraprofessor Martin Morlok, der vor dem Bundesverwaltungsgericht die Stadt Düsseldorf vertreten hatte, sagte während der Verhandlung, dass dann auch die Äußerung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aus der Neujahrsansprache von 2015 mit Blick auf Pegida, dass man diesen Menschen nicht folgen solle, rechtswidrig und nicht erlaubt gewesen wäre. Dem widersprach Präsident Rennert in der Verhandlung nicht.

Nach diesem Urteil könnten künftig etwa Rechtspopulisten Politiker verklagen, die zur Teilnahme an Gegendemonstrationen aufrufen. Sie würden dann in der Regel unter Verweis auf dieses Urteil schon in der ersten Instanz bei den Verwaltungsgerichten Recht bekommen.

Das Leipziger Urteil stellt außerdem weitere Anforderungen an Politiker, die ein Amt innehaben: Und zwar an ihre symbolischen Handlungen. Im konkreten Fall ging es darum, dass Oberbürgermeister Geisel ab Beginn der Demonstration an verschiedenen öffentlichen Gebäuden Düsseldorfs die Beleuchtung ausschalten ließ. Außerdem rief er die Düsseldorfer Bürger und Geschäftsleute auf, die Beleuchtung an ihren Gebäuden ebenfalls auszuschalten, um ein »Zeichen gegen Intoleranz und Rassismus« zu setzen. »Mit dem Aufruf, das Licht auszuschalten, und dem tatsächlichen Ausschalten der Beleuchtung an städtischen Gebäuden wurden die Grenzen der Äußerungsbefugnis, sich in sachlicher und rationaler Weise mit den Geschehnissen in der Stadt Düsseldorf auseinanderzusetzen, überschritten und der Bereich politischer Kommunikation durch diskursive Auseinandersetzung verlassen«, sagte Präsident Rennert. Grundsätzlich gelte für Handlungen, die symbolischen Charakter haben: »Wenn die Botschaften von Staatsorganen mehrdeutig sind, muss sich der Staat die ungünstigste Interpretation zurechnen lassen.«

Mit diesem Urteil hat Dügida-Chefin Dittmer ihre Klage in allen Punkten gewonnen.

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