Risiko von Altersarmut steigt weiter an

Gefährdungsquote für Menschen ab 65 Jahre bei 14,8 Prozent / Grüne und Linkspartei kritisieren »rentenpolitischen Tiefschlaf« / Aktionstag des DGB

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Das Armutsrisiko für ältere Menschen in Deutschland steigt nach einem Medienbericht weiter. Im vergangenen Jahr habe die Armutsgefährdungsquote für Menschen ab 65 Jahre 14,8 Prozent betragen, 0,2 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr, schreibt die »Passauer Neue Presse« unter Berufung auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Zum Vergleich: 2005 lag die Quote dem Bericht zufolge noch bei 11 Prozent.

Der Grünen-Rentenexperte Markus Kurth kritisierte: »Das Risiko, im Ruhestand kaum noch über die Runden zu kommen, hat sich in den letzten Jahren stark erhöht. Angesichts der dramatischen Entwicklungen ist es völlig unverantwortlich, im rentenpolitischen Tiefschlaf vor sich hin zu schnarchen.« Am Freitag hatte Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) eine Stärkung der gesetzlichen Rente gefordert. Im Rahmen eines bundesweiten Aktionstages sagte Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach bei einer Kundgebung vor der Berliner CDU-Zentrale: »Der Autopilot steht beim Rentenniveau seit 2001 auf Sinkflug, er muss dringend abgeschaltet werden.«

Im Fokus des Aktionstages der Gewerkschaften: Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hatte bekräftigt, dass sie derzeit keinen Reformbedarf sehe - schloss aber auch eine Anhebung des Renteneintrittsalters über 67 Jahre hinaus erneut aus. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles, die mit Merkel in einer Regierung sitzt, bekräftigte ihre Forderung, das Rentenniveau stabil zu halten: »Mit einer doppelten Haltelinie, einem garantierten Rentenniveau von 48 Prozent und einer Beitragssatzbegrenzung von 22 Prozent schaffen wir mehr Generationengerechtigkeit«, erklärte sie in Berlin. Auch die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung, Gundula Roßbach, drängte darauf, Rentenniveau und Beitragshöhe über 2030 hinaus stabil zu halten.

»Wir stehen zu dem Rentenkonzept, das Union und SPD 2007 gemeinsam in der Großen Koalition für die Zeit bis 2030 beschlossen haben«, wandte sich Merkel dagegen in der »Passauer Neuen Presse« gegen Forderungen nach zusätzlichen Maßnahmen zur Stabilisierung des Rentenniveaus. Sie lehnte vor allem einen höheren Steuerzuschuss in die Rentenkasse ab, wie es das Konzept der SPD vorsieht. Die Rentenerhöhungen der letzten Jahre hätten bereits dazu geführt, »dass die Rentnerinnen und Rentner mehr in der Tasche haben«, argumentierte Merkel.

Das Rentenniveau beschreibt die Höhe der gesetzlichen Rente eines Durchschnittsverdieners nach 45 Beitragsjahren im Verhältnis zum aktuellen Durchschnittslohn. Es liegt derzeit bei knapp 48 Prozent, dürfte aber Prognosen zufolge bis 2045 auf nur noch gut 41 Prozent sinken. Nach geltendem Recht darf das Rentenniveau bis 2030 nicht unter 43 Prozent fallen, während der Beitragssatz von derzeit 18,7 Prozent im selben Zeitraum nicht über 22 Prozent steigen darf.

Die Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht nannte es derweil »unglaublich«, dass Merkel nicht infrage stelle, »dass das österreichische Rentensystem besser und gerechter ist als das deutsche, aber trotzdem will sie bei uns nichts ändern«. Wagenknecht sagte zu dieser Äußerung der Kanzlerin in einer Wahlkampfsendung, dies sei »Klartext, der uns allen bei der Wahlentscheidung helfen sollte«. Agenturen/nd

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