Glitzerwelt oder Tierqual?

Zirkus zwischen Tradition und Verbot

  • Claudia Drescher, Zwickau
  • Lesedauer: 3 Min.

Während unter der Zirkuskuppel Papageien zu einem Rundflug über die Köpfe der Zuschauer ansetzen, prangern vor dem Eingang Demonstranten den Circus Krone als Tierquäler an. Einmal mehr. Der nach eigenen Angaben größte Zirkus der Welt erntet bei jedem Gastspiel nicht nur Begeisterungsstürme, sondern auch massive Ablehnung durch Tierrechtsorganisationen wie Peta.

Zerschnittene Werbeplakate, geklaute Banner und aufgesprühte »Tierqual«-Parolen wie zuletzt im sächsischen Zwickau gehören für Frank Keller zur Tagesordnung. Die jährlichen Schäden sind demnach fünfstellig. »Das Thema begleitet uns jetzt seit etwa zehn Jahren, inzwischen wird es von Jahr zu Jahr militanter«, sagt der Tierschutzbeauftragte des Unternehmens mit rund 260 Mitarbeitern und 100 Tieren. Circus Krone mit Hauptsitz in München ist einer von über 300 deutschen Zirkusbetrieben und gilt als Platzhirsch der Branche. Tierschützer haben Krone daher besonders im Visier. In einem Peta-Video von 2015 , wird Krone als die »Spitze einer auf Tierquälerei basierenden Unterhaltungsindustrie« bezeichnet.

Dem tritt Frank Keller entschieden entgegen. Krone halte sich genau an die Vorschriften des Tierschutzgesetzes und entsprechende Leitlinien des Bundesverbraucherministeriums: 3,30 Meter mal 3,30 Meter große Pferdeboxen etwa, großzügige Außengehege, Weidezaun für die Elefanten anstelle von Ketten. »Ja, das Anbinden war vor 30 Jahren üblich, und das ist furchtbar. Das hat aber nichts mehr mit der modernen Tierhaltung in unserem Zirkus zu tun.« Jede Woche kommt der jeweilige Amtstierarzt und kontrolliert die Einhaltung aller Regelungen anhand eines Zirkuszentralregisters. Krone sei der am meisten kontrollierte Tierhaltungsbetrieb der Welt. Allein um die 23 Löwen und drei Tiger kümmern sich demnach zehn Tierpfleger, die sechs Elefanten werden von acht und die 41 Pferde von 12 Mitarbeitern betreut.

Auch gegen den Vorwurf, Tierlehrer würden ihre Schützlinge mit Gewalt trimmen, wehrt sich Keller. Alle Dressuren beruhten auf natürlichen Verhaltensweisen. So könne man den Rüsselstand des Elefanten - das Gewicht des Tieres ruht auf Stirnplatte und Vorderbeinen - auch in freier Wildbahn sehen, wenn der Riese aus einem Wasserloch trinken wolle. Im Zoo werde diese Übung für die Geburtsvorbereitung sogar antrainiert, schreibt der Zirkus in einer Broschüre.

Krone geht in die Offensive: Tierschutz wird in der Manege angesprochen, Zuschauer können den Tieren im »Krone-Zoo« und beim Dressurtraining zusehen, Kommunalpolitiker werden bei jedem Gastspiel zum Rundgang eingeladen. Zudem engagieren sich Zirkusfans im Aktionsbündnis »Tiere gehören zum Circus« für einen Erhalt der Zirkustradition, zitieren im Internet seitenweise wissenschaftliche Erkenntnisse. Auch die Gesellschaft der Circusfreunde mit 2000 Mitgliedern lehnt ein pauschales Verbot ab.

Für Organisationen wie Peta ist es längst überfällig. »21 EU-Länder haben bereits bestimmte oder sämtliche Wildtierarten im Zirkus verboten«, sagt Peta-Mitarbeiter Peter Höffken. Nach 2003 und 2011 gab es 2016 eine dritte Bundesratsinitiative für ein Verbot. Bislang ohne Ergebnis.

Während laut Peta zwei Drittel der Deutschen keine Wildtiere im Zirkus mehr sehen wollen, haben die Zirkusleute nach zehn Vorstellungen in Zwickau nur einen Tag Zeit, das 48 mal 64 Meter große Zirkuszelt für 4000 Zuschauer ab- und wieder aufzubauen. Bis zum Abschluss der Sommertournee stehen sieben weitere Städte auf dem Programm. Rund 1,1 Millionen Besucher kamen 2016. dpa/nd

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