Zum Wohle aller

Ines Wallrodt über die Streiks an deutschen Kliniken

Jeder wünscht sich, im Krankenhaus gut betreut zu werden. Dafür brauchen die Beschäftigen vor allem eines: Zeit. Und die fehlt, wenn zwei Krankenschwestern für zig Patienten zuständig sind. Dann wird einem frisch Operierten eben doch die Sonde gelegt, statt mit ihm aufwändig Schlucken zu üben. Weil niemand so behandelt werden will, verdienen die Pflegekräfte bei ihrem Kampf um Entlastung volle Unterstützung. Wer sie, wie die Berliner Charité-Leitung, daran hindern will, setzt die Gesundheit von Patienten aufs Spiel - und die der Beschäftigten. Denn auf deren Seite führt der Personalmangel zu zermürbender Unzufriedenheit, wenn die eigenen Ansprüche nicht eingelöst werden können, sowie zu ständiger Überlastung.

Ursache der Krankenhausmisere ist die falsche Ausrichtung des Gesundheitssystems auf Wettbewerb. Ein Krankenhaus ist keine Schuhfabrik. Profitstreben und Konkurrenz sind hier besonders fehl am Platz. Sie schaden der Aufgabe, Menschen gesund zu machen oder zu erhalten. Wer etwas an diesen Zuständen ändern wollte, muss mit dieser Logik brechen. So weit gehen CDU, SPD oder Grüne nicht, die derzeit versprechen, nach der Wahl für eine bessere Personalausstattung der Krankenhäuser zu sorgen. Aber auch das wäre ein Anfang. Mindestens eine dieser Parteien steht nach dem Wahlabend im Wort, einheitliche Personalschlüssel für Stationen und Schichten per Gesetz vorzuschreiben. 70 000 Pflegefachkräfte mehr braucht es für eine gute und sichere Versorgung. Das kostet viel Geld, aber es käme allen zu Gute.

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